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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Im Traktor zu Rumpelstilz

Von EVELYN JOCHADE 22.08.2011, 18:22

KLEINKORGA/MZ. - Während drinnen im Kleinkorgaer Festzelt gemütlich Kaffee getrunken wurde, wisperte und wuselte es hinter der davor aufgebauten Bühne. Ein Blick dahinter verriet: Hier verwandelten sich gerade Frauen und Männer aus dem brandenburgischen Ahlsdorf in Märchenfiguren.

Modernisierte Fassung

Zwölf Laienschauspieler waren mit allem, was zu ihrem Stück notwendig war, angereist, um den Kleinkorgaern Freude zu bringen. Für das Stück hatten sie wochenlang geübt, was beispielsweise durch Schichtdienste nicht einfach war. Auch die Requisiten hatten sie dabei. Sogar einige junge Birken, Kiefern und eine Windmühle, die sonst bei Familie Thinius den Garten ziert. Das etwas modernisierte und umgestaltete Märchen Rumpelstilzchen, in das sie einige bekannte Lieder eingebaut hatten, kam dann auch prima an.

Das nächste Kapitel spielte im Zelt. Die gemischte Line-Dance-Gruppe aus Kleinkorga und Ahlsdorf schritt und wirbelte in ihren schwarz-weißen Kostümen, dass es eine Freude war zuzusehen. Die Akteure allerdings kamen bei den Sommertemperaturen ganz schön ins Schwitzen, erhielten aber als Lohn auch viel Beifall.

Unübersehbar rückte nun der Höhepunkt des Heimatfestes näher. Lautstark versammelten sich die Teilnehmer am zweiten Rasentraktor-Rennen. Im vergangenen Jahr das erste Mal durchgeführt und ein Magnet geworden, wollten die Kleinkorgaer auch diesmal nicht darauf verzichten. Die meisten der acht Starter vertraten die Farben von Kleinkorga. Und zunächst sah es so aus, als würde Henry Sachse aus dem vier Kilometer Luftlinie entfernten Mönchenhöfe der einzige Auswärtige der Konkurrenz bleiben. Um seinen grünen "John Deere" mit Seitenauswurf richtig auf Touren zu bringen, war er querfeldein angereist.

Gerade rechtzeitig, so berichtete er, sei er mit dem Hafer-Dreschen fertig geworden, um hier teilzunehmen. Dabei hatte er auf morastigem Untergrund noch ein Abenteuer zu bestehen, als sein Mähdrescher bis zu den Radnaben versank. Vier Trecker mit insgesamt 600 PS mussten ihn herausziehen. Umso motivierter ging der Mönchenhöfener in Kleinkorga an den Start. Zumal ihm offensichtlich der Sieg zugetraut wurde.

Gnadenlos zeigten die Juroren Fehler um Fehler an. Und der Parcours hatte einige heikle Stellen zu bieten. Schon die Slalomstrecke, als Kurve ausgelegt, bereitete die ersten Probleme. Dicht an dicht standen die Kegel und waren zudem mit Tassen voller Wasser bekrönt, so dass die Schiedsrichter jeden Rempler sehen konnten. Auch die Wippe, die nur zwei schmale Spuren hatte, verlangte Mut und Präzision. Zu wenden in einem winzigen Geviert ohne Karambolage, schafften die Wenigsten. Das letzte Hindernis war gleichzeitig das lustigste: Ein Biss von einem Wiener Würstchen, welches von einem Galgen herabhing. Die Verrenkungen dabei und das Minenspiel der Teilnehmer waren teils so grotesk, dass spätestens da die Zuschauer in schallendes Gelächter ausbrachen.

Sehbehindert am Start

Ganz anders bei Christian Anacker. Der 24-jährige Wirtschaft-und-Recht-Student startete als Dritter und machte im ersten wie im zweiten Lauf nur einen Fehler. Aber nicht nur dafür und für seine ordentliche Zeit erntete er großen Beifall. Christian ist zu 80 Prozent sehbehindert. "Ich finde mich eben zurecht", meinte der junge Mann nach dem Rennen bescheiden.

Zurecht fand sich auch Sebastian Mothes. Der gebürtige Kleinkorgaer, nun wohnhaft in Zwethau, startete für seine neue Heimat mit einem Gelenkmäher. Den Stiga-Mäher hatten er und sein Freund Marcus Lehmann mit Zwillingsreifen und einem Sportauspuff etwas aufgemotzt. Was sie nicht ahnten, hier handelte es sich um ein Hindernisrennen. Da waren die Doppelreifen eher hinderlich. Aber schon im ersten Lauf seiner Rennkarriere legte Sebastian Mothes eine gute Zeit hin, nur drei Sekunden hinter Henry Sachse, der zu diesem Zeitpunkt bei den Erwachsenen führte.

Bevor im zweiten Lauf die Entscheidung fallen konnte, meldeten sich unverhofft noch drei Starter, besser Starterinnen und wirbelten die Männerriege so richtig durcheinander. Was zunächst so aussah, wie ein großer Gag, entpuppte sich als ernste Konkurrenz. "Ich sitze das erste Mal auf so einem Ding." Diese Aussage von Heimatvereinschefin Cornelia Elstermann mag stimmen und verdeutlicht, was da im nächsten Jahr auf die Männer zu kommt, denn gemeinsam mit Vera Hinze schob sie sich in der Endabrechnung auf den dritten Platz. Henry Sachse wurde tatsächlich zweiter und den Siegerpokal entführte Sebastian Mothes nach Zwethau.

Schnelle Jugend

Dabei mussten die Erwachsenen noch froh sein, über die Trennung von Jugend und Erwachsenen. Der Sieger bei den "U 18" hieß auch in diesem Jahr Lucas Elstermann. Die Zeit des Zwölfjährigen mit dem Berufswunsch Mechatroniker hätte locker ausgereicht, auch die Erwachsenen auf die Plätze zu verweisen. Doch nun wissen die knapp 80 Kleinkorgaer, von wem er das Talent wohl geerbt hat.