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Jessener Händler befragt Jessener Händler befragt: Kleingeld abschaffen oder nicht?

Von Klaus Adam 27.11.2015, 18:41
Für viele Einzelhändler halten die Mengen an „Klimpergeld“ noch eine andere Schwierigkeit parat. Holen sie größere Mengen Wechselgeld von der Bank oder schaffen sie es nach Ladenschluss dorthin, müssen sie zum Teil Gebühren berappen.
Für viele Einzelhändler halten die Mengen an „Klimpergeld“ noch eine andere Schwierigkeit parat. Holen sie größere Mengen Wechselgeld von der Bank oder schaffen sie es nach Ladenschluss dorthin, müssen sie zum Teil Gebühren berappen. Klaus Adam Lizenz

Jessen - Nicht nur Zeitgenossen, die auf eine Brille angewiesen sind, sieht man öfter im Laden an der Kasse stehen und skeptisch in ihren Portemonnaies wühlen. „Ist das nun ein Zweier oder ein Fünfer?“ „Ein Zehner oder ein Zwanziger?“ Das Metall-Kleingeld auseinanderzuhalten, ist für viele nicht ganz einfach. Sie müssen schon genauer hinsehen, was sie herüberreichen. Einzelhändlern geht das nicht viel anders. Sie haben in aller Regel nur den Vorteil des „geschulteren Blickes“ für Kleinmünzen.

Gebühren fürs Geld

Für viele Einzelhändler halten die Mengen an „Klimpergeld“ noch eine andere Schwierigkeit parat. Holen sie größere Mengen Wechselgeld von der Bank oder schaffen sie es nach Ladenschluss dorthin, müssen sie zum Teil Gebühren berappen. „Uns kostet das jährlich einen vierstelligen Betrag“, sagt Roland Höhne, Inhaber des Jessener Edeka-Marktes. „Wir brauchen definitiv mehrere Rollen Kleingeld pro Tag.“ Mit seinen Mitarbeitern habe er daher beratschlagt, wie die Gänge zur Bank reduziert werden könnten. Die erste Möglichkeit dazu ist, die Kunden nach Kleingeld zu fragen, „damit wir runde Summen rausgeben können“. Und nach Geschäftsschluss wird kein Kleingeld zur Bank gebracht. Trotz der Mehrausgaben, die in aller Regel nicht an die Kunden weitergegeben werden können, ist Höhne gegen ein Abschaffen des Kleingeldes. Bei runden Summen steige die Hemmschwelle bei den Kunden, so der erfahrene Einzelhändler. „1,99 liest sich besser als zwei Euro“, nennt er ein einfaches Beispiel.

Das ist im Übrigen auch der Tenor der Antworten anderer Händler in Jessen. Allerdings, „die Zweier und die Zwanziger Cent-Münzen könnte man abschaffen“, meint Edelgard Kunze, Inhaberin des „Wäscheparadieses“ in Jessen. Zum Thema Gebühren könne sie nichts weiter sagen, „die Sparkasse erhebt keine“. Doch erlebt habe sie schon, dass zweimal Kunden mit ihrem Sparschweininhalt an Kleingeld in den Laden kamen. Ob sie damit bezahlen könnten, hätten sie gefragt, denn das Geld auf die Bank zu bringen, koste Gebühren.

Gesetzlich neu geregelt

Das ist allerdings keine Erfindung der Banken, stellt Walter Meyer, Vorstand der Volksbank Elsterland, klar. Die Gebührenerhebung für größere Mengen an Kleingeld hat ihren Grund in neuen gesetzlichen Regelungen. Nach denen dürfen die in Papier eingerollten Münzen nicht genauso wieder ausgegeben werden. So, wie es bislang üblich war. Sondern, so Meyer, sie werden zur Bundesbank gebracht, um dort sicherheitsgeprüft zu werden. „Das kostet natürlich alles Geld“, so der Jessener Bankvorstand.

In der Europäischen Union gib es seit mindestens zwei Jahren eine Diskussion, die Kleinmünzen, speziell die Ein- und Zwei-Cents, ganz abzuschaffen. Einige Länder, wie etwa Belgien, Finnland und die Niederlande, hätten inzwischen Rundungsregeln eingeführt. Auf freiwilliger Basis, wie bei Recherchen im Internet zu lesen ist. Heißt: Es kann auf Fünferstellen auf- bzw. abgerundet werden. Die Regeln dazu lernt man in der Schule. In Irland etwa soll das seit dem 28. Oktober gelten.

Aber nur im Bargeldverkehr. Wer mit Karte, Scheck oder online bezahlt, zahlt weiter auch die „unrunden“ Beträge. Weil: Es sollen ja lediglich die kleinsten Münzen eingezogen werden. Der Hintergrund ist ein rein finanzieller. Aber anders, als mancher vermuten mag. Die Produktion der kleineren Münzen kommt die Staaten oft teurer, als der Wert auf dem Geldstück ausdrückt.

„Von uns fährt jeden Monat ein großer Lkw die Kleingeldrollen zur Bundesbank“, wird Ralf Fincke, Vorstandsmitglied der Sparkasse Wittenberg, konkreter. „Wir haben eindeutig einen Kleingeldüberschuss“, resümiert er. Noch hat sich die Sparkasse - „wir sind die Bank für die Einzelhändler“ (Fincke) - tatsächlich nicht dazu entschieden, Gebühren von den Kunden zu nehmen. „Aber auch wir beschäftigen uns damit und denken daran, die entsprechende Regelungen zu überarbeiten.

Es ist aber noch keine Entscheidung gefallen“, so der Sparkassenvorstand. Der gewachsene Aufwand ist nicht ohne: Das gerollte Kleingeld wird in besondere Beutel verpackt, die wiederum in Normcontainern verstaut werden, die per Lkw zur Bundesbank gebracht werden, erläutert Fincke. Dort werden die Pakete geöffnet und die Münzen durch einen Automaten geprüft. Soll heißen: Allein der personelle Aufwand in diesem Prozess ist erheblich.

Großer Aufwand

Volksbankvorstand Walter Meyer verweist auf die Münzgeldverordnung der Europäischen Union als Ursache des gestiegenen Aufwandes. Nach der müssen die Münzen sowohl auf Echtheit als auch auf ihre „Umlauffähigkeit“ geprüft werden. „Diese rechtlichen Restriktionen sorgen für den zusätzlichen Aufwand“, so der Jessener Banker. Zwar gilt die Verordnung bereits seit Anfang 2012. Bis Ende 2014 galt aber eine Übergangsfrist zur Anpassung der Systeme bei den einzelnen Banken. In der Verordnung steht im Übrigen auch drin, dass jede nationale Bank eine Bearbeitungsgebühr erheben kann, um die mit der Bearbeitung verbundenen Ausgaben zu decken.

Also dann das Kleingeld doch abschaffen? Tatjana Leonhardt „Kräuterlädchen“: „Einer und Zweier, das wäre gut. Die Fünfer, Zehner und Zwanziger brauche ich öfter.“ Karola Baier, Haushaltwaren Jessen meint: „Zweier und Zwanziger könnten wegfallen. Die brauche ich eigentlich nicht.“ (mz)