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Evangelische Gemeinschaftsschule in Holzdorf Evangelische Gemeinschaftsschule in Holzdorf: Nur noch Auslaufmodell?

Von Klaus Adam 19.05.2015, 17:52
Das ehemalige Pfarrhaus in Holzdorf bietet derzeit noch beiden Schulen Raum. Links ist der Treppenhaus-Anbau zu sehen, der vorrangig auf Elterninitiative nach der Gründung der Grundschule geschaffen wurde.
Das ehemalige Pfarrhaus in Holzdorf bietet derzeit noch beiden Schulen Raum. Links ist der Treppenhaus-Anbau zu sehen, der vorrangig auf Elterninitiative nach der Gründung der Grundschule geschaffen wurde. Archiv/Christel Lizenz

Holzdorf - Eine Hiobsbotschaft erreichte gestern die MZ-Redaktion: Die Evangelische Gemeinschaftsschule in Holzdorf wird ihren Schulbetrieb zum Ende des laufenden Schuljahres einstellen. Das teilte der „Trägerverein der Evangelischen Schule im Kirchenkreis Wittenberg“ mit. Nicht betroffen von dieser Entscheidung ist die Evangelische Grundschule. Deren Betrieb ist keineswegs in Frage gestellt, teilt Ulrike Gardlo mit. Sie führt erst seit März die Geschäfte des Trägervereins.

Fehlende Räume und Schüler

Unmittelbarer Grund der Schließung sei die Absage eines zunächst vielversprechenden neuen Anwärters auf die Trägerschaft. „Seit einigen Wochen hat das Diakonische Werk Elbe-Elster e.V. von der Situation an der Evangelischen Gemeinschaftsschule Kenntnis und in zahlreichen Gesprächen ein Gesamtbild bezüglich der multiplen Problemlage gewonnen.“ So schreibt Ulrike Gardlo in einem Brief an Eltern und Mitarbeiter der Schule, den sie auch der MZ zur Verfügung stellte. Am Montag habe das Diakonische Werk nun informiert, so Gardlo, „dass man sich nach eingehender und detaillierter Prüfung leider nicht in der Lage sieht, die Schulträgerschaft erfolgreich zu übernehmen“.

Schüleranmeldungen fehlen

Zwei wesentliche Gründe macht die Chefin des Wittenberger Trägervereins für die Probleme verantwortlich: „Es ist der Standort, die fehlenden Räume, und die Zahl der Schüleranmeldungen ist nicht zufriedenstellend.“ Ein weiterer erschwerender Aspekt sei ein innerbetrieblicher. „Wir haben Schwierigkeiten, Lehrkräfte im ländlichen Raum zu gewinnen.“ Es handele sich schließlich um eine Schule im Aufbau, „daher können wir den Fachkräften nur eine geringe Stundenzahl anbieten“. Freilich sei dies ein Aspekt, der sich peu á peu zum Besseren wandeln würde, je mehr Schüler und Klassenstufen die Schule aufwiese.

Derzeit besuchen 29 Schüler die Gemeinschaftsschule, so deren Leiterin Antje Penk zur MZ. 20 Schüler pro Klasse wären aber nötig, um die Schule wirtschaftlich zu führen.

„Wir konnten gar nicht um Schüler werben, weil die Raumfrage nicht geklärt war“, erklärte die Elterngruppe gestern im MZ-Gespräch. „Wir mussten sogar Einschulungsanträge ablehnen.“

Gegründet wurde die Gemeinschaftsschule zum Schulbeginn 2013 und damit zwei Jahre nach der evangelischen Grundschule. Die wurde von engagierten Eltern vorrangig initiiert, nachdem die kommunale Grundschule geschlossen worden war.

In dem Wittenberger Verein fand der Holzdorfer Förderverein dann einen Träger, der bereit war, die rechtliche Verantwortung dafür zu übernehmen. Die Eltern engagierten sich intensiv um die Schule und setzen sich auch für die Gründung der weiterführenden Einrichtung ein.

Pfarrer Stefan Branig, der Leiter des Diakonischen Werkes im Nachbarkreis Elbe-Elster, stimmt dieser Argumentation allerdings nicht zu. „Bei den Räumen hätten wir eine Lösung gehabt, wenn auch befristet“, antwortete er gestern auf die MZ-Nachfrage. „Perspektivisch wäre der Plan aufgegriffen worden, auf einen Neubau zuzugehen.“ Und auch die noch mangelnden Schülerzahlen „wären eine Aufgabe gewesen, die wir sowieso gehabt hätten. Das hat sich schon ein Stück weit verbessert“, schätzte Branig sogar ein. Statt dessen verweist der Chef der Elbe-Elster-Diakonie auf „Modalitäten , die seitens des alten Trägers geklärt sein müssen“, aber nicht sind, wie er anklingen ließ. Leider ließ er sich nicht dazu herausfordern, konkreter zu werden. „Da liegen Steine im Weg, die uns davon Abstand nehmen lassen“, so Branig lediglich.

Gespräche mit Bürgermeister

Jessens Bürgermeister Michael Jahn (SPD) zeigte sich gestern keineswegs erfreut. „Ich habe im Wahlkampf gefragt, warum man den freien Schulen nicht auch eine vernünftige Chance geben solle.“ Er habe sowohl mit dem bisherigen Trägerverein als auch dem potentiellen neuen offene Gespräche geführt. Aber auch sein Eindruck war, „dass man in Wittenberg seine Hausaufgaben nicht ordentlich gemacht hat“. Ihm seien die Probleme des Vereins nicht verborgen geblieben, die letztlich dazu geführt hätten, dass es einen neuen Vorstand und eine neue Geschäftsführerin gibt. „Auf alle Fälle ist es schade für das Engagement der Eltern, das eigentlich nun mit Füßen getreten wird.“ Auf der anderen Seite räumt Jahn ein, dem Trägerverein natürlich nicht bei der Lösung seiner Probleme helfen zu können. Mit dem Schließen der Gemeinschaftsschule seien nun die öffentlichen Schulen perspektivisch ein Stück weit sicherer.

Dass sie „nicht sehr traurig“ über den Stand der Dinge ist, räumt Annaburgs Vizebürgermeisterin Anja Liebig unumwunden ein. „Wir haben die Evangelische Grundschule nicht als Konkurrenz gesehen, wohl aber die Gemeinschaftsschule hinsichtlich der Schülerzahlen für die Sekundarschule kritisch bewertet.“

Eltern ringen weiter um Lösung

Die Eltern der aktuellen und der potentiellen Gemeinschaftsschüler wollen allerdings in ihrem Bemühen um den Erhalt der Einrichtung keineswegs nachlassen. Das erklärten Anja Dost und Rita Bahlke als Vertreter einer Elterngruppe, die überzeugt ist, mindestens für den Großteil der Elternschaft zu sprechen. Sie sehen sich durch den neuen Vorstand des Trägervereins regelrecht verschaukelt. Noch beim letzten Neujahrsempfang des Vereins sei zugesagt worden, dass die vakante Raumproblematik gelöst werde. Wenn nicht anders, würden Container aufgestellt. Doch die neue Vereinsführung, so die Auffassung der Eltern wolle einerseits nur einen „Klotz am Bein“ loswerden, werfe einem potentiellen Nachfolgeträger andererseits aber „nicht nur Steine, sondern riesengroße Brocken in den Weg“, wie in der Elterngruppe formuliert wurde. Immerhin hätten die Eltern in einer Versammlung vom 9. April die Elbe-Elster-Diakonie als möglichen Träger präsentiert. Dieses Engagement werde nun völlig negiert. (mz)