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Universität Universität: Familientreff mit Skelett von berühmtem Urahn

Von Detlef Färber 03.11.2002, 20:23

Halle/MZ. - Mediziner sind nüchterne Menschen. Pathetische Worte überlassen sie gern anderen. Doch als am Samstagvormittag im alten Hörsaal der Anatomie der Boizenburger Arzt Michael Paasch den jüngsten Vertreter seiner Familie - Nachfahre der weltberühmten halleschen Anatomen-Dynastie Meckel - begrüßte, ging es doch nicht ganz ohne Rührung ab. "Du bist die zehnte Generation", rief er beim Auftakt des Familientreffens seinem vierjährigen Verwandten Johannes Christian Paasch aus Magdeburg zu, als der von seinem Malbuch aufschaute.

Kurz darauf hatte der aufgeweckte Abkömmling von einer der glanzvollsten halleschen Wissenschaftler-Familien Gelegenheit, seinen Urahn auf ganz besondere Weise in Augenschein zu nehmen. Schließlich hatte Philipp Friedrich Theodor Meckel testamentarisch verfügt, nach seinem Tod - er starb 1803 - seinen Körper zu Wissenschaftszwecken zu sezieren und zu skelettieren.

Seither bildet sein in einem Schrank aufbewahrtes Knochengerüst den Mittelpunkt der berühmten Meckelschen Sammlung, die Halles Universität seither als einen ihrer wertvollsten Schätze hütet. Sage und schreibe 16000 Organ- und Embryo-Präparate stammen allein von jenem Meckel und seinem Vater Johann Friedrich, der in Berlin wirkte, sowie seinem Sohn Johann Friedrich (der Jüngere), der im Jahre 1833 starb. Aufbewahrt wurden sie im prachtvollen Riesenhaus am Großen Berlin - einst Meckels Wohnhaus.

Ein Rundgang durch die Meckelsche Sammlung mit sachkundiger Erläuterung des Anatomie-Professors Rüdiger Schultka war dann auch die Hauptattraktion des Tages. Dabei konnten die zwei Dutzend Meckel-Sprößlinge, die aus ganz Deutschland gekommen waren, an eindrucksvollen Präparaten auch jene Entdeckungen betrachten, die später mit dem Namen des halleschen Arztes und Forschers in die Wissenschaftsgeschichte eingingen: So das Meckel-Syndrom, eine Kombination von Fehlbildungen an Gehirn, inneren Organen und Gliedern (mehr als fünf Finger und Zehen) bei einem nicht lebensfähigen Embryo. Gerade auch solche Präparate sind heute Gegenstand genetischer Untersuchungen.

Trotz der unglaublichen Vielgestalt an Abnormitäten bietet die Meckelsche Sammlung, die leider nur ganz selten öffentlich gezeigt werden kann, faszinierende Einblicke in die natürliche Werkstatt des Lebens. Und auch bei Skelett-Spender Meckel zeigte sich nach seinem Tod eine Fehlbildung: ein dreizehntes Rippenpaar. "Wie hätte er sich gefreut, wenn er das noch erlebt hätte", soll seine Witwe nach der Entdeckung des Phänomens gesagt haben. "Wir wissen die Sammlung bei ihnen in guten Händen", bedankte sich Familien-Sprecher Dr. Michael Paasch nach der Führung bei seinen Gastgebern von der Universität.