Stadtrat prüft Geschäfte Stadtrat von Halle (Saale) misstrauisch: Welchen Einfluss hat Berater Rauschenbach im Rathaus?

Halle (Saale) - April 2014: Im Gespräch mit der MZ verkündet Jens Rauschenbach, dass er seinen Vertrag als Sparberater der Stadt nicht verlängern wird. Für 2013 und 2014 hatte der Wirtschaftsprüfer mit seinem Unternehmen den höchst defizitären Haushalt nach doppelter Buchführung erstellt. Schon damals rumort es im Stadtrat.
Rauschenbach erhält zwar viel Anerkennung für seine Arbeit, allerdings ist er einigen Stadträten zu mächtig, sein Einfluss auf den OB zu groß. Rauschenbach beschreibt seine Rolle so: „Ich bin eher im Maschinenraum und werde ab und an ans Steuer gerufen.“
Wirtschaftsprüfer Jens Rauschenbach hat bei Halles wichtigste Projekten die Finger im Spiel
Von der Bildfläche ist der 48-Jährige nie verschwunden. Rauschenbach erarbeitet die Pläne für die Neustrukturierung von Halles Bühnen. Er konzipiert die Fluthilfeprojekte auf der Galopprennbahn und für das Mitteldeutsche Multimediazentrum (MMZ). Aus seiner Feder stammt das Bildungsbauprogramm für Schulen und Kitas. Rauschenbach hat das Gutachten zur Nutzung einer Hochhausscheibe in der Neustadt erstellt.
Und er hat nicht nur als Projektentwickler den Bau des Erdgas-Sportparks organisiert, Rauschenbach ist nach wie vor für die kaufmännische Betreuung verantwortlich. „Ich habe den Eindruck, dass es sich im Ratshof um eine Rauschenbach-Verwaltung handelt. Immer, wenn es beim OB brennt, wird Rauschenbach gerufen“, sagt Inés Brock, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat.
Wirtschaftsprüfer Jens Rauschenbach im Fokus: Stadtrat will Geschäftsbeziehungen zur Stadt prüfen
Jetzt will der Stadtrat den Geschäftsbeziehungen zwischen dem Berater und der Stadt mit ihren kommunalen Gesellschaften auf den Zahn fühlen. Im Auftrag der fünf Fraktionen soll Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) Auskunft geben, welche Aufträge Rauschenbach und seine Firmen von der Verwaltung und den städtischen Unternehmen zwischen 2010 und 2017 erhalten haben - und in welcher Höhe Honorare dafür geflossen sind.
„Ich habe nichts gegen Herrn Rauschenbach. Aber für uns steht die Frage, ob er bei der Vergabe von Aufträgen übervorteilt worden ist“, meint Brock.
Wirtschaftsprüfer Jens Rauschenbach zu den Prüfvorhaben des Stadtrats: „Wir haben nichts zu verbergen.“
Rauschenbach bleibt gelassen. „Wir haben nichts zu verbergen. Dass der Stadtrat Auskunft verlangt, ist sein gutes Recht“, sagt er der MZ. Seine Firmen seien deutschlandweit für Kommunen, städtische Gesellschaften, Eigenbetriebe und private Unternehmen tätig. „In Leverkusen haben wir beispielsweise den Bau von zehn neuen Kitas und in Zwickau die Errichtung des Stadions betreut“, erklärt er.
Die Aufträge der Stadt Halle würden nur etwa 25 Prozent seines Umsatzes ausmachen. „In den vergangenen zehn Jahren haben unsere Firmen und Mitarbeiter in Halle mehr als drei Millionen Euro Steuern bezahlt. Die Umsätze, die wir mit unserer Arbeit für die Stadt erzielt haben, liegen darunter.“ Wie hoch die Honorare waren, sagt er nicht. „Zu einzelnen Summen dürfen wir uns selbst aufgrund der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht nicht äußern. Das können nur die Auftraggeber beantworten.“
Antrag als Misstrauensvotum gegenüber Halles OB Bernd Wiegand?
Was steckt hinter dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen? Geht es tatsächlich um Rauschenbach? Oder ist nicht eher der OB das Ziel? „Wir wollen Transparenz. Es hatte in der Vergangenheit immer wieder Anfragen aus den Fraktionen zu den Aktivitäten von Herrn Rauschenbach gegeben. Eine befriedigende Antwort kam nie“, sagt Andreas Scholtyssek (CDU).
Es sei ungewöhnlich und augenscheinlich, wie viele Aufträge an Rauschenbach vergeben worden seien. Bodo Meerheim (Linke) haut in die gleiche Kerbe. „Wir wollen zunächst einmal wissen, was da gelaufen ist und ob Vergaben möglicherweise am Stadtrat vorbei erfolgt sind.“ Inés Brock erwartet zudem Klarheit, „ob Rauschenbach für Dinge bezahlt worden ist, die die Verwaltung hätte lösen können oder müssen“.
Wirtschaftsprüfer Rauschenbach verteidigt seine Projekte bei der Stadt Halle
Rauschenbach, der in Halle 30 Mitarbeiter beschäftigt, will nicht den Eindruck von Mauschelei aufkommen lassen. „Wir haben uns immer dem Wettbewerb gestellt“, sagt er. Für Aufträge der Stadt habe man sich beworben und Angebote eingereicht. „Es ist normal, dass Kommunen externe Manager mit komplexen Projekten beauftragen. In Halle gilt das unter anderem für das Stadtbahnprogramm oder den Bau der Osttangente. Mit diesen Projekten sind wir aber nicht betraut.“ Er sei mittlerweile von drei unterschiedlichen Oberbürgermeistern in Halle beauftragt worden. „Offensichtlich war man mit unserer Arbeit zufrieden.“
Die Stadtverwaltung gibt sich einsilbig. Man werde die Informationen aufbereiten und dem Stadtrat vorlegen, so die Antwort auf die MZ-Anfrage. Der Antrag der Fraktionen werde in den Gremien des Stadtrats beraten. (mz)