Halle Halle: Sparberater Rauschenbach geht von Bord

Halle (Saale)/MZ - Das Gebäude ist rot verklinkert, auf dem Dach prangt das blaue Schild einer großen Versicherungsagentur. Zum halleschen Rathaus sind es zu Fuß über einen Kilometer. Herrschaftlich oder mächtig sieht das Haus in der Rudolph-Breitscheid-Straße nicht aus. Und doch meinen viele, dass hier in den vergangenen anderthalb Jahren das Herz der halleschen Stadtverwaltung geschlagen hat: im Büro des Finanzberaters Jens Rauschenbach. Doch diese Rolle wird der 45 Jahre alte Wirtschaftsprüfer im Sommer aufgeben. Am 30. Juni läuft sein Vertrag als Sparberater aus. „Ich werde mich um diesen Posten nicht wieder bewerben“, sagt er.
Projekt endet im Sommer
Damit endet in Halle im Sommer ein bisher einzigartiges Projekt in Sachsen-Anhalt. Das Landesverwaltungsamt hatte vor zwei Jahren der Stadt wegen der Verschuldung und des unausgeglichenen Haushaltes einen Sparberater verordnet. Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) entschied sich für den halleschen Wirtschaftsprüfer und setzte ihn gegen den Widerstand des Landesverwaltungsamtes durch. Sein Auftrag: Aufstellung der Haushalte 2013 und 2014 nach doppelter Buchführung und Erarbeitung von Sparvorschlägen.
Und der Finanzberater hat augenscheinlich geliefert. In diesem Jahr hatte Halle erstmals seit Jahrzehnten wieder zu Jahresbeginn einen zumindest in der Bilanz ausgeglichenen Haushalt. Dadurch kann die Stadt Fördergelder pünktlich abrufen. Rauschenbach sieht deswegen jetzt den Zeitpunkt gekommen, um zu gehen: „Wir haben der Verwaltung den Werkzeugkoffer zur Verfügung gestellt, jetzt muss sie ihn allein nutzen.“ Dazu gehört beispielsweise die Deckelung der Personalkosten über den Abbau von insgesamt rund 250 Stellen oder die Reduzierung der Sozialausgaben. Rauschenbach warnt aber: „Wenn man nicht permanent am Haushalt arbeitet, dann ist die Stadt schnell wieder 15 Millionen Euro im Minus.“
Seine Zeit als Sparberater wird in der Verwaltung und im Stadtrat durchaus positiv gesehen. „Er hat keine schlechte Arbeit gemacht“, sagt beispielsweise der Vorsitzende des Finanzausschusses Bodo Meerheim (Linke). Auch Wiegand würdigt Rauschenbach: „Die Erfolge geben ihm durchaus Recht.“ Allerdings habe er das nicht alleine geschafft, sondern mit einem Team an Leuten aus der Verwaltung. „Die Stadt hat sich insgesamt positiv seit meinem Amtsantritt entwickelt“, sagt Bernd Wiegand.
Kritik an Rauschenbach
Doch es gibt auch Kritik an Rauschenbachs Rolle. Zu omnipräsent sei er, zu viele Fragen könne nur er beantworten und nicht die Verwaltung. Denn neben den Etats 2013 und 2014 managte Rauschenbach auch die Fluthilfeanträge für die neue Eissporthalle und das Mitteldeutsche Multimediazentrum sowie die Restrukturierung der Theater-, Oper- und Orchester GmbH. „Wiegand hat mich sicher als seinen Problemlöser genutzt“, sagt Rauschenbach. Der Fraktionsvorsitzende der Mitbürger, Tom Wolter, nennt das anders: „Ein Lotse soll hier anscheinend Kapitän sein.“
Diese Kritik kann Rauschenbach nachvollziehen, auch wenn er seine eigene Rolle anders beschreibt: „Ich bin eher im Maschinenraum und werde ab und an ans Steuer gerufen.“
Doch der Vorwurf an den Finanzberater geht noch weiter: Rauschenbach befinde sich in einem Interessenkonflikt. Schließlich hatte er schon vor und auch in seiner Zeit als Sparberater viele Aufträge der Stadt oder von städtischen Gesellschaften (siehe „Rauschenbachs Unternehmen“ ). Er selbst weist dies zurück: „Ich verstehe den Vorwurf des Interessenkonflikts nicht. Halle ist ein Teil unserer Geschäftstätigkeit, aber ganz sicher nicht das einzige Standbein.“ Aufträge der Stadt oder städtischer Unternehmen würden maximal ein Viertel seines Umsatzes ausmachen.
"Ich mache gerne einzelne Projekte für die Stadt weiter"
Auch nach Auslaufen seines Vertrages wird Rauschenbach weiter für die Stadt tätig sein. OB Wiegand hat ihn vor kurzem zum Wirtschaftsbeauftragten berufen. Er soll die Ansiedlung von Unternehmen in Halle koordinieren und vorantreiben. Noch gibt es für diese Aufgabe aber keinen Vertrag. Rauschenbach selbst kann sich diese Funktion gut vorstellen: „ „Ich mache gerne einzelne Projekte für die Stadt weiter. Aber dann müssen alle zustimmen – auch der Stadtrat.“