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Kritik der CDU Rücktrittsforderung der CDU: Linken-Fraktionschef Bodo Meerheim legt sein Amt nicht nieder

Von Robert Briest 24.10.2016, 19:46
Bodo Meerheim
Bodo Meerheim Holger John

Halle (Saale) - Tiefpunkt, Erpressung, Gipfel der Verlogenheit – Marianne Böttcher, Vorsitzende des halleschen Kreisverbandes der Linken, hat im sprachlichen Waffenschrank nach den Großkalibern gegriffen, um ihrem wichtigsten Stadtratspolitiker Bodo Meerheim den Rücken zu stärken. Der sieht sich aktuell mit einem Angriff des CDU-Kreisverbandes konfrontiert.

Die Christdemokraten um Bildungsminister Marco Tullner forderten am Sonntag öffentlich seinen Rücktritt als Vorsitzender des Finanzausschusses, weil sie einen Interessenkonflikt mit Meerheims beruflichem Wirken sehen. Der Linken-Fraktionschef ist Geschäftsführer des Kita-Betreibers SKV Kita, der sich aktuell in der Insolvenz befindet und sich mit siebenstelligen Rückforderungen seitens der Stadt konfrontiert sieht. Die CDU wirft Meerheim zudem etwa vor, dass die GWG, deren Aufsichtsratschef er ist, als Sponsor beim SV Union auftritt, deren Vorsitzender Bodo Meerheim heißt.

Böttcher bezeichnete die Rücktrittsforderung der CDU in ihrer Replik als „Tiefpunkt in der Kommunalpolitik“. Sie wirft den Christdemokraten gar Erpressung vor: „Der unfassbare Versuch, die wirtschaftliche Situation eines hoch anerkannten Trägers für die Kinderbetreuung auszunutzen, um sich kurzfristig eines politischen Konkurrenten zu entledigen, ist aufs Schärfste zurückzuweisen.“

Grund für das Insolvenzverfahren des Kita-Trägers SKV sind Rückforderungen der Stadt Halle in Höhe von mehr als 1,2 Millionen Euro. Sie stammen aus den Jahren 2006 bis 2011. SKV soll der Stadt Ausgaben in Rechnung gestellt haben, die nicht erstattungsfähig sind. Dazu gehören Abschreibungen und Investitionen. Ein Gericht hatte entsprechend geurteilt.

Das Insolvenzverfahren läuft in Eigenverantwortung. Das heißt, die bisherige Geschäftsführung erarbeitet zusammen mit einem Verwalter einen Insolvenzplan. Über den gibt es Streit. Die Stadt, als eine der Hauptgläubiger, verlangt mehr Geld. Ein entsprechender Antrag wird am Mittwoch im Stadtrat zur Abstimmung gestellt.

Der Angegriffene selbst gibt sich gelassener, will sich zu der Angelegenheit aber nicht weiter öffentlich äußern, als dass er einen Rücktritt ablehnt, weil er keinen Grund dafür sieht. Wie jeder Kommunalpolitiker wirke er an Entscheidungen, die ihn persönlich betreffen, nicht mit. Diese Einschätzung teilen auch die anderen Stadtratsfraktionen.

SPD, Grüne und Mitbürger verfolgen das Duell der beiden größten Ratsparteien als interessierte Zaungäste. Unisono betonen sie, dass man die Entscheidung über das Sanierungskonzept der SKV Kita von Personaldiskussionen trennen sollte. Eine explizite Positionierung pro oder kontra Meerheim vermeiden sie. Mitbürger-Chef Tom Wolter erklärt zumindest: „Natürlich kann man es kritisch beäugen, wenn ein Kommunalpolitiker so viele Ämter hat, aber man kann es auch als Zeichen für seine Kompetenz sehen.“

Es scheint, als stünde die CDU-Kreisspitze mit ihrem Angriff auf Meerheim allein da. Selbst aus dem Munde des Fraktionschefs Andreas Scholtyssek hört sich die Forderung schon etwas moderater an: Meerheim solle sein Amt für die Zeit des Insolvenzverfahrens ruhen lassen. Wenn er das mit weißer Weste überstehe, könne er ja weitermachen. Das wird Meerheim jedoch nach Stand der Dinge ohne Pause tun. In den kommenden Wochen nimmt er wohl sogar wieder die zentrale Rolle im Rat ein. Es stehen die Haushaltsverhandlungen an.

Der Linke hatte in den vergangenen Jahren stets als Mittler zwischen Verwaltungsvorstellungen und den Wünschen der Ratsfraktionen gewirkt. Diese werde durch den Vertrauensverlust nun schwierig, findet Scholtyssek. Eine Einschätzung, die die Vorsitzende der anderen Fraktionen nicht teilen möchten.

(mz)

Marco Tullner
Marco Tullner
dpa