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Bodo Meerheim SKV Kita in Halle (Saale): Bodo Meerheim meldet für größten Kita-Betreiber der Stadt Insolvenz an

Von Gert Glowinski 21.10.2016, 16:56
SKV-Chef und Stadtrat Bodo Meerheim.
SKV-Chef und Stadtrat Bodo Meerheim. Privat

Halle (Saale) - Er gilt als mächtigster Mann im Stadtrat, manche nennen ihn sogar so: „Mister Stadtrat“. Bodo Meerheim ist Chef des einflussreichen Finanzausschusses, nebenbei noch Präsident des  Handballvereins Wildcats und beruflich Chef des größten privaten Kita-Betreibers in der Stadt.

Niemand ist so gut vernetzt in Halle wie der 56-jährige Linken-Politiker, der über alle wichtigen Entscheidungen der letzten Jahre mitbestimmt hat. Derzeit kämpft Meerheim aber um seine berufliche Zukunft, denn sein Geschäftsführer-Posten steht auf dem Spiel.

Die SKV Kita gGmbh ist insolvent, wie es weitergeht für das Unternehmen, das in Halle 14 Einrichtungen mit 1.900 Kindern betreut, ist offen. Am Freitag kamen der Finanz- und Hauptausschuss des Stadtrates zu einer Krisensitzung zusammen. Einziger Tagesordnungspunkt: SKV. Die Insolvenz des Unternehmens läuft bereits seit August, aber jetzt könnte die Situation  eskalieren. Es geht wie immer: ums Geld.

Stadt Halle akzeptiert Angebot von SKV-Chef nicht

Firmenchef Meerheim darf das Verfahren selbst führen - Insolvenz in Eigenverwaltung nennt sich das. Die zwei größten Gläubiger sind die Stadt und die Arbeitsagentur.

SKV-Chef Meerheim muss nun unter anderem Stadt und Agentur zur Zustimmung zum Insolvenzplan bewegen. Erst dann wären alle Forderungen vom Tisch und SKV und damit Meerheim aus dem Schneider. Die Stadt will Meerheims Angebot aber nicht akzeptieren.

Der Grund: Das Kita-Unternehmen würde mehrere hunderttausend Euro auf dem Konto behalten und nicht den Gläubigern zukommen lassen. Nach dem vorliegenden Insolvenzplan bekäme die Stadt lediglich zwölf Prozent ihrer Gesamtforderung von über 1,2 Millionen Euro zurück. Viel zu wenig, findet man im Rathaus. SKV dagegen pocht darauf, nicht das gesamte Vermögen in die Insolvenz zu packen. Man brauche Mittel, beispielsweise für Investitionen in Brandschutz.

Stadtrat entscheidet über Insolvenzplan von SKV

Der Stadtrat muss nun entscheiden, ob der Insolvenzplan angenommen wird oder nicht. Im Rathaus ist man gegen den Plan, denn zu viel Geld würde Halle verloren gehen - Geld, das der Stadt zusteht.

Grund für das Insolvenzverfahren des Kita-Trägers SKV sind Rückforderungen der Stadt Halle in Höhe von mehr als 1,2 Millionen Euro. Sie stammen aus den Jahren 2006 bis 2011. SKV soll der Stadt Ausgaben in Rechnung gestellt haben, die nicht erstattungsfähig sind. Dazu gehören Abschreibungen und Investitionen. Ein Gericht hatte entsprechend geurteilt.

SKV ist nicht der einzige Kita-Träger, der mit hohen Rückforderungen der Stadt konfrontiert ist. Unter anderem sind die Arbeiterwohlfahrt und das Kinder- und Jugendhaus betroffen.

Arbeitsplätze oder ganze Einrichtungen stehen bei der Insolvenz nicht auf dem Spiel. Die Arbeitsagentur hat die Gehälter über das Insolvenzgeld bezahlt. Auch bei einer Übernahme von SKV durch eine andere Firma blieben alle Jobs erhalten.

Freie Kita-Träger wie SKV bekommen von der Stadt Zuschüsse für die notwendigen laufenden Betriebskosten. Zudem werden Investitionen aus dem städtischen Haushalt gefördert.

Der Stadtrat hat aber das letzte Wort. Und das ist Meerheims Spielwiese. „Meerheim tritt sehr forsch auf. Und die Sachlage ist so komplex, dass viele Stadträte nicht richtig durchblicken“, sagt CDU-Mann Bernhard Bönisch.

Andere Politiker bemühen Verschwörungstheorien und sehen einen Angriff von OB Bernd Wiegand auf den einflussreichen Linken-Fraktionschef Meerheim. Viele Gerüchte machen die Runde, viele Gespräche unter Stadträten drehen sich um das Thema SKV und Meerheim.

SKV-Geschäftsführer und Stadtrat Meerheim hält sich bedeckt

Der will sich öffentlich nicht äußern. Über seine Anwälte lässt er der MZ ausrichten, dass er allein schon „aus Gründen der ihm auferlegten Verschwiegenheit keine Informationen geben darf“.

Dabei geht es für Meerheim um alles. Seit einigen Tagen gibt es überraschend zwei Interessenten für SKV. Die wollen sogar Geld auf den Tisch legen und den gut gehenden Kita-Betrieb übernehmen - konkrete Angebote sind das nicht, aber immerhin Interessenbekundungen.

Käme es zu einer Übernahme, müsste der neue Besitzer alle Einrichtungen und vor allem die mehr als 250 Arbeitsverträge übernehmen - alle bis auf den Meerheims und seiner Geschäftsführer-Kollegin.

Abstimmung über Insolvenzplan völlig offen

In der Ausschusssitzung am Freitag hatte die Stadt per Vorlage klar Stellung bezogen: Das Angebot von SKV sei zu gering, die Stadt müsste auf Summen in sechsstelliger Höhe verzichten.

Zudem parkt noch über eine Million Euro städtisches Geld auf einem Treuhand-Konto des Insolvenzverwalters, das für die Gehälter der Mitarbeiter gedacht war.

Auch um die Verwendung dieser Mittel gibt es offenbar Streit. Nur knapp votierte der Haupt- und Finanzausschuss am Freitag nach vier Stunden dafür, dass SKV ein neues Angebot vorlegen soll. Deshalb ist die Abstimmung am Mittwoch im Stadtrat völlig offen - zu unübersichtlich ist die Stimmungslage in den Fraktionen.

Worauf pokert SKV-Geschäftsführer Meerheim?

Ignoriert der Stadtrat aber am Ende die Bedenken aus dem Rathaus, dürfte Oberbürgermeister Wiegand in Widerspruch gehen. Ihm bliebe praktisch nichts anderes übrig, kann die Stadt doch nicht einfach so auf Geld verzichten.

Lehnt der Stadtrat den Insolvenzplan von SKV ab, müsste Bodo Meerheim erneut nachbessern und den Gläubigern mehr Geld anbieten.

Allerdings: Gibt es gar keine Entscheidung und der Stadtrat verschleppt die Angelegenheit, dürfte Meerheim mit seinem vorliegenden Plan durchkommen. Denn bald laufen Fristen ab und der Insolvenzplan könnte auch ohne klares Votum der Stadt anerkannt werden. (mz)