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Hochwasser Hochwasser: Mit dem Boot zur Fütterung

Von Diana Dünschel 06.01.2003, 16:41

Holleben/MZ. - "Natürlich sind die Wehrmitglieder über ihre Pieper in Alarmbereitschaft versetzt worden. Aber die Lage ist nicht sehr kritisch", schätzt Helmut Kitze ein. In immer kürzeren Abständen würden bestimmte Punkte kontrolliert, und in einigen Kellern stehe das Wasser. Direkte Gefahr bestehe momentan für niemanden. "Es kann nicht schaden, sich auf das Hochwasser vorzubereiten und beispielsweise die Öltanks gegen die Decke zu verkeilen", bemerkt er dennoch.

Dann macht sich Siegfried Theiß selber ein Bild vor Ort. Er ist hier aufgewachsen, hat mehrere Hochwasser erlebt und weiß, wo die kritischen Stellen sind. Sein erster Weg führt deshalb zur Burg. Damit sich einst die Räder einer großen Mühle drehen konnten, legten die Menschen den Mühlgraben künstlich an. Ausgerechnet der droht jetzt die Anwohner von der Außenwelt abzuschneiden, denn hinter der Burg liegt die Saaleaue.

Der Durchfluss unter der kleinen Brücke ist überschwemmt. Der Druck gegen das Bauwerk wächst. Schon zeigen sich am Geländer und der Gas- und Wasserleitung Verformungen. In den Gärten nebenan steht das Wasser. Rüdiger Jakob nimmt das eher gelassen. "Wir haben schon Schlimmeres erlebt", winkt er ab und erinnert an das Hochwasser von 1994.

Ulrich Neumann watet derweil mit Gummistiefeln durch das kühle Nass in Richtung Gartenlaube hinter dem Haus. Von dem angebauten Gemüse sieht man nur noch die Spitzen. "Der Garten ist unwichtig", sagt der 60-Jährige. "Ich muss zu den Tieren und mache mein Boot klar." Seine Sorge gilt den Kaninchen mit Jungtieren in einem Stall, der jetzt eine Insel ist und zu Fuß nicht mehr erreicht werden kann. "Sie müssen doch gefüttert werden", erklärt der Hollebener.

Ob seine Nachbarin schon weiß, was aus ihren Goldfischen geworden ist? Eigentlich sollten die nämlich wie jedes Jahr in einer Zinkbadewanne im Keller überwintern. Doch an den überfluteten Eingangsstufen ist zu erkennen, dass das Wasser eine Höhe von 1,60 Meter erreicht hat. Zuviel für die vorsorglich hochgestellte Badewanne. Die Fische sind hinaus ins Freie geschwommen und drehen nun am Kellereingang ihre Runden.

Der Bürgermeister fährt zum Ortsteil Benkendorf. Vom Ende der Rosa-Luxemburg-Straße her kommt das Wasser. Der halbe Park ist unpassierbar. Ein Baum fand im aufgeweichten Boden keinen Halt mehr und stürzte um. "Diese Gefahr besteht auch, wenn die Fluten zurückgegangen sind", macht sich Siegfried Theiß seine Gedanken. Sein Hauptaugenmerk gilt aber den Bewohnern des Altenwohnzentrums. "Die Senioren sind sehr aufgeregt. Da ist in diesen Tagen vom Personal viel an Betreuungsleistung gefragt", weiß er.