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Harald Korall Harald Korall: Lebenslange Liebe zum Wort und zum Buch

18.06.2002, 19:15

Halle/MZ/svo. - Seit die Kinder erwachsen geworden sind und über ganz Deutschland verteilt, hat Harald Korall, bekannter Krimiautor und Rentner, keine Zeit mehr. Am Montag, zwei Tage vor seinem 70. Geburtstag, ging es nach Dresden, denn ein Enkel hatte ebenfalls Geburtstag. "Würden sie alle in Halle wohnen, wär''s wirklich einfacher", stöhnt der Jubilar. Zeit zum Reflektieren bleibt da kaum. Dennoch setzt sich der Schriftsteller für ein paar Minuten in einen gemütlichen Sessel und schaut zurück:

Lust zum Schreiben hatte er schon mit Sieben. Aber erst in der letzten Oberschulklasse schrieb er dann tatsächlich und zwar Gedichte. "Die sind verbrannt - schade, die würd' ich gern heut mal lesen" lacht Korall. Nach einem Pädagogikstudium führte ihn sein Interesse für das Verlagswesen nach Reichenbach im Vogtland, wo sämtliche Postkarten der DDR gedruckt wurden. 1959 kam er nach Halle zum Mitteldeutschen Verlag. Dort betreute er als Lektor in all den Jahren über 100 Bücher. "Spur der Steine" von Erik Neutsch beispielsweise.

Er lernte Bruno Apitz kennen, dessen Roman "Nackt unter Wölfen" unter den Nachkriegsbüchern Epoche machte. Die Begegnung mit diesem Schriftsteller führte dazu, dass Harald Korall "keine Zeile mehr schreiben" konnte: "Was der Mann erlebt hat." Es dauerte bis 1970, da erschien sein erstes Buch: "Hochzeit nach neun Jahren". Es sind "Geschichten meiner Generation", so Korall.

Den Durchbruch schaffte er mit "Die Tote an der Waisenhausmauer". Der Autor hatte "sein Geheimrezept" gefunden: Er greift tatsächliche Kriminalfälle auf und durchleuchtet das seelische und soziale Befinden der Täter. Von dem Buch konnte er leben. 1986 wurde Korall freier Schriftsteller. Krimiband folgte auf Krimiband. Bis zur Wende. Bis der Mitteldeutsche Verlag meinte, der neue Korall sei nicht zu verkaufen. Die Jobsuche führte den Autor zur MZ, für die er einige Jahre als Gerichtsreporter tätig war. Seit 1997 kommt wieder jedes Jahr ein neuer Korall, nun beim Leipziger Militzke-Verlag.

Wichtig ist für Harald Korall seine Arbeit im Förderkreis der Schriftsteller. Er war einige Jahre dessen Chef, später leitete er das Literaturbüro Süd. Auch als Herausgeber war und ist der Autor tätig. Allein 30 Autorenhefte und mehrere Anthologien brachte er heraus. Zur Zeit ist eine über Ausländer in Halle in Arbeit.

Was macht er an seinem Ehrentag? "Um 11 Uhr ist ein Empfang im Förderkreis. Nach der Feier verlasse ich die Gegend fluchtartig!" Es klingt fast wie im Krimi - nur die Familie weiß, wo er ist.