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Halle Halle: Aufbruch zu neuen Ufern

Von SILVIA ZÖLLER 27.10.2010, 19:46

Halle (Saale)/MZ. - Noch hat sie sich nicht an das dicke Schlüsselbund für die vielen Gefängnistüren und den Pieper gewöhnt, mit dem sie im Notfall einen Alarm auslösen kann. "Es sind tausend neue Eindrücke", sagt Barbara Sonntag, die seit 1. Oktober evangelische Seelsorgerin in der Haftanstalt "Roter Ochse" ist. Die Pfarrerin aus Jena ist Nachfolgerin von Hanna Haupt, die das Amt zwanzig Jahre lang innehatte und im Juli in den Ruhestand ging. Fast ebenso lange war die 49-jährige Barbara Sonntag in der Krankenhausseelsorge der Uniklinik Jena für schwerstkranke Patienten und ihre Angehörigen Ansprechpartner. "Ich wollte jetzt noch einmal etwas Neues machen. Es ist ein Aufbruch zu neuen Ufern", so die Pfarrerin, die am 12. November offiziell in ihr Amt eingeführt wird.

Bereits seit vier Wochen ist sie nun Neu-Hallenserin. Oder vielmehr Wieder-Hallenserin? Denn Barbara Sonntag kennt die Saalestadt noch aus ihren Kindertagen und auch ihre beste Freundin wohnt hier. Obwohl sie in Düsseldorf geboren ist, zog ihre Mutter 1964 aus familiären Gründen nach Merseburg. Barbara Sonntag war damals drei Jahre alt. "Nach Halle sind wir oft zum Einkaufen gefahren", erinnert sich die Pfarrerin. In Merseburg besuchte sie die Schule, bevor sie nach Jena zum Studium ging.

Positiv überrascht ist die 49-Jährige dennoch von der Saalestadt, wie sie sich heute präsentiert: "Es gibt hier wunderschöne Häuser und der Marktplatz ist beeindruckend." Gleich am ersten Tag in der Haftanstalt wurde sie mit einem Novum überrascht: Per Videokonferenz nahmen alle Gefängnismitarbeiter an einer Dienstberatung teil. Die Haftanstalt hatte für die neue Mitarbeiterin aber noch eine weitere Überraschung parat: Barbara Sonntag hat hier zum ersten Mal in ihrem Berufsleben ein eigenes Dienstzimmer. "Vor allem habe ich aber sehr große Freundlichkeit erfahren", freut sie sich.

Noch immer ist sie damit beschäftigt, sich am neuen Arbeitsplatz einzuarbeiten. Erste Gespräche mit Häftlingen, aber auch Besprechungen mit Mitarbeitern der Haftanstalt und der katholischen Gefängnisseelsorgerin Schwester Baselia standen auf dem Programm. Und auch die ersten Gottesdienste feierte Barbara Sonntag schon in der Gefängniskirche.

Ein großer Wunsch steht für ihre Arbeit aber bereits jetzt fest: "Ich freue mich, wenn sich Interessierte für eine ehrenamtliche Arbeit melden." Im Krankenhaus habe sie sehr gute Erfahrungen mit Ehrenamtlichen gemacht. "Gerade für die Gefangenen ist jedes Gesicht von außen wichtig, um Kontakte auch außerhalb der Haftanstalt aufzubauen", sagt sie. Egal, ob jemand einen Männerchor aufbauen möchte, mit den Gefangenen Instrumente spielen oder Sport und Spiele anbieten will - jeder sei willkommen. Aber auch Sonntag selbst, die sich als offenen Menschen bezeichnet, freut sich auf neue Kontakte in Halle, auf Tipps und Hinweise für ihre Arbeit: "Ich bin dankbar für jeden, der auf mich zukommt."

Interessierte können sich melden unter: Tel.: 0345 / 2 20 14 50