1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Flüchtlingsunterkunft für Jugendliche: Protest in Halle-Reideburg

„Ausländer raus“ Rufe Anwohner in Halle-Reideburg machen ihrer Wut Luft

Bei einer Anwohnerversammlung in Reideburg informierten Stadt und DRK über eine neue Wohneinrichtung für Jugendliche. Viele Anwohner machten deutlich: Sie wollen sie nicht.

Von Denny Kleindienst Aktualisiert: 10.04.2025, 10:36
Oliver Paulsen und weitere Vertreter von Stadt und DRK traten nach der Veranstaltung vor die Leute draußen.
Oliver Paulsen und weitere Vertreter von Stadt und DRK traten nach der Veranstaltung vor die Leute draußen. Foto: Marvin Matzulla

Halle (Saale)/MZ - Entlang der Paul-Singer-Straße in Reideburg hingen am Mittwoch an mehreren Straßenschildern kleine Pappschilder mit der Aufschrift „Nein zum Heim“. Auch auf einem großen Transparent direkt an der Hauptstraße war zu lesen: „Reideburg sagt Nein zum Heim“.

Protest gegen Unterkunft für ausländische Jugendliche in Halle-Reideburg

Gegen 18 Uhr begann in der örtlichen Feuerwache die Anwohnerveranstaltung, bei der die Stadt und das Deutsche Rote Kreuz als Träger über die neue Einrichtung der Jugendhilfe informierten – voraussichtlich ab Juni sollen im ehemaligen Bildungswerk deutsche und ausländische Jugendliche ab 14 Jahren wohnen. Daran teil nahmen 130 geladene Anwohner aus den unmittelbar an der Einrichtung liegenden Straßen.

Draußen vor der Feuerwehr standen derweil rund 400 weitere Bürger, die nicht reinkamen. Darunter eine Mutter, die eine Vollmacht ihres Sohns bei sich hatte und erklärte, dieser sei eingeladen, könne aber selbst nicht kommen. Auch Pressevertreter waren nicht zugelassen.

Neue Flüchtlingsunterkunft in Halle-Reideburg: Anwohner um Sicherheit besorgt

Die Leute draußen hatten kein Verständnis, wieso sie nicht teilnehmen durften. Schließlich, so der einhellige Tenor, gehe die neue Einrichtung alle Reideburger an. „Lassen sie uns rein und lassen sie uns die Angst nehmen“, rief eine Frau.

Eine ältere Dame nannte es „eine Schweinerei“ und sprach von einer Grenze, die durch Reideburg gezogen werde. Wobei sie zu denen gehörte, die keine Einladung erhielten. „Das Problem ist: Du hörst von jedem was“, sagte ein Mann. Und er fügte hinzu: „Ich glaube, die Leute haben einfach Angst.“

Protest gegen die neue Einrichtung: Mitten an der Hauptstraße  in Reideburg war am Mittwoch dieses Plakat zu sehen.
Protest gegen die neue Einrichtung: Mitten an der Hauptstraße in Reideburg war am Mittwoch dieses Plakat zu sehen.
Foto: Marvin Matzulla

Befürworter der Einrichtung waren unter den Anwohnern draußen nicht auszumachen. Stattdessen fürchten sie um die Sicherheit ihrer Kinder, haben Angst vor Diebstahl und Einbrüchen. Kurzum: Dass die Jugendlichen aus der neuen Einrichtung die Ruhe in Halles östlichstem Stadtteil stören.

Ob es eine Rolle spielt, dass eben auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht werden sollen? „Für mich spielt das eine Rolle“, sagte eine Frau. Die Veranstaltung war noch im Gange, als eine Gruppe draußen lauthals brüllte „Nein zum Heim“ und auch „Ausländer raus“.

Was sagten Teilnehmer zur Info-Veranstaltung in Halle-Reideburg?

Nach der Veranstaltung zeigten sich mehrere Teilnehmer enttäuscht. Ihre Vorbehalte blieben bestehen. Paul Backmund (AfD), der als Stadtrat teilnahm, sagte anschließend, es sei verständlich, dass die Bürger aufgebracht sind, „die Stadt sollte hier nachjustieren“.

FDP-Stadtrat Tim Kehrwieder bescheinigte vor allem Oliver Paulsen, dem Leiter des städtischen Dienstleistungszentrums Integration und Demokratie, sich als Moderator schlecht geschlagen zu haben, während die Bildungsbeigeordnete Katharina Brederlow und die DRK-Vertreter Fragen der Anwohner weitgehend beantwortet hätten.

Lesen Sie auch: Stadt und Träger äußern sich - Haus in Halle-Reideburg wird mehr als reine Flüchtlingsunterkunft

Vertreter von Stadt und DRK äußerten sich nach der Veranstaltung gegenüber der Presse. Demnach steht der Umzug der Einrichtung von Nietleben nach Reideburg seit einem dreiviertel Jahr fest.

Betreut würden rund 20 Kinder und Jugendliche ab 14 Jahren, die aus verschiedenen Gründen nicht in ihrem Elternhaus leben können und die rund um die Uhr von ausgebildeten Fachkräften betreut und unterstützt würden. Es seien keine straffälligen und auch keine gewalttätigen Jugendlichen.

Wer kommt in die Einrichtung in Reideburg?

Die Einrichtung sei für deutsche und ausländische Jugendliche gedacht, wobei die 14 derzeit noch in der Einrichtung in Nietleben untergebrachten Jugendlichen alle Flüchtlinge seien. Solche Einrichtungen der Jugendhilfe gebe es zudem in fast allen Stadtteilen in Halle. Noch vor der Eröffnung sollen Anwohner die Einrichtung in Reideburg besuchen können. Auch eine weitere Informationsveranstaltung für die Reideburger soll es geben.

Anschließend traten die Vertreter von Stadt und DRK noch vor die Leute draußen. „Es besteht kein Grund zur Sorge, dass ihren Kindern etwas passiert“, sagte Oliver Paulsen. So recht glauben wollten die Leute es ihm nicht.

Dabei gibt es auch Reideburger, die sich für die Einrichtung aussprechen. „Irgendwo müssen die Kinder hin“, sagte eine Anwohnerin, die bei der MZ anrief. Das große Plakat störte sie sehr.