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Erstaunliche Spinnenfäden

Von Ines Krause 25.10.2006, 19:29

Halle/MZ. - Spinnen haben für Frauke Junghans eine ganz besondere Bedeutung. "Obwohl ich persönlich nicht unbedingt eine Vorliebe für die Tiere habe, sind sie für mich aus wissenschaftlicher Sicht äußerst interessant", sagt die Doktorandin vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM) auf dem halleschen Weinberg-Campus. Der Grund: Spinnen sind in der Lage, Fäden herzustellen, die ganz erstaunliche Eigenschaften aufweisen.

In ihrer Diplomarbeit beschäftigte sich Frauke Junghans deshalb mit der mikromechanischen Charakterisierung von Proteinschichten aus Spinnenseide. Kürzlich erhielt sie dafür aus den Händen vom Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft, Prof. Hansjörg Bullinger, in Bremen den diesjährigen Hugo-Geiger-Preis der Bayerischen Staatsregierung.

Spinnenseide gilt als Naturstoff mit außergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften, vor allem, was ihre Festigkeit sowie die Elastizität betrifft. Aus diesem Grund besteht unter Materialwissenschaftlern seit langem ein großes Interesse daran, ihre Einsatzmöglichkeiten und Eigenschaften in technischer und medizinischer Hinsicht zu untersuchen.

Spinnenfäden sind zwar nur sehr dünn, aber dennoch fest und extrem elastisch. Kaum zu glauben, dass sie annähernd die Reißfestigkeit von Stahl erreichen. Und das, obwohl sie natürlich wesentlich leichter und dehnbarer sind. Bei keiner Kunstfaser ist die mechanische Stabilität mit einer derart hohen Dehnbarkeit kombiniert. Aufgrund dieser werkstoffmechanischen Eigenschaften ergeben sich für die natürlichen Seiden und Spinnenseiden viele Anwendungsmöglichkeiten.

Ein weiterer Vorteil: Spinnenseidenproteine lösen im menschlichen Körper keine oder nur geringe Entzündungen aus und werden in der Regel nicht vom Körper abgestoßen. Aus diesem Grund bergen dünnste Schichten aus den Proteinen der Spinnenseide ein großes Potential zur Entwicklung biomedizinischer Materialien in sich. So untersuchte Frauke Junghans die mechanischen Eigenschaften von biotechnisch hergestellter Spinnenseide. Die künstlichen Spinnenseidenproteine, die die 26-Jährige für ihre Forschungen nutzte, wurden zuvor von Kooperationspartnern der Technischen Universität München sowie dem Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben hergestellt.

Denkbar ist der Einsatz von Spinnenseide zum Beispiel bei der Beschichtung von medizinischen Implantaten wie etwa künstlichen Gelenken. "Bei ersten Tierversuchen in Zusammenarbeit mit der Firma Scil Proteins aus Halle wurde festgestellt, dass die Verträglichkeit von Implantaten erheblich verbessert wird", erklärt Frauke Junghans.

Für die junge Forscherin ist es das erste Mal, dass sie einen Preis für ihre wissenschaftliche Arbeit erhält. "Dass es gleich ein so renommierter ist, hätte ich nie erwartet", sagt die gebürtige Hallenserin, die an der Martin-Luther- Universität in Halle Ingenieurwissenschaften mit dem Schwerpunkt Biomedizinische Materialien studiert hat.

Schon sehr früh fand Frauke Junghans den Weg ins hallesche Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik. Begonnen hat sie dort bereits im Jahr 2001 als Praktikantin. Später wurde sie wissenschaftliche Hilfskraft und schrieb eine Studienarbeit. Seit einem Jahr arbeitet sie am Institut an ihrer Promotion. Ihre Pläne für die Zukunft? "Am liebsten wäre mir eine wissenschaftliche Karriere in einem Forschungsinstitut wie dem Fraunhofer-Institut".