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Eishockey Eishockey: Der Beste geht, Fragen bleiben

Von GOTTFRIED SCHALOW 07.02.2012, 20:15

Halle (Saale)/MZ. - Die großen Saale Bulls, damit sind die Sebastian Lehmann, Troy Bigam oder Alexander Zille gemeint, sind gerade mächtig stolz. Meister sind sie, Pokalsieger sowieso. Und der Saisonhöhepunkt mit den Aufstiegsspielen zur zweiten Bundesliga steht unmittelbar bevor. Eine Generation darunter ist aber gerade die große Ratlosigkeit ausgebrochen. Und die hat viel mit Phil Miethling zu tun, einem Jungen, der am Sonnabend gerade mal 14 Jahre alt geworden ist.Phil war der Beste in der Knaben-Mannschaft, doch er sucht sein sportliches Glück ab sofort in Weißwasser. Einen Händedruck und die besten Wünsche ab es von Nachwuchs-Trainer Alexander Rusch. Das aber konnte den eigentlichen Grund für den Abschied nicht kaschieren: Phil verlässt Halle wegen sportlicher Perspektivlosigkeit. Nicht genug damit, im Sommer will auch Julian Tischendorf den Nachwuchs der Saale Bulls in Richtung Crimmitschau verlassen.

"Im Grunde genommen sind wir immer noch hin- und hergerissen, ob wir unseren Jungen von zu Hause weg in ein Internat ziehen lassen", erzählt Annett Miethling, die Mutter des talentierten Phil von ihren Sorgen und Problemen. Andererseits: "Wir würden es uns nie verziehen, wenn wir ihm vielleicht durch unser Zögern die sportliche Zukunft verbaut hätten."

Das Dilemma der Familie Mieth-ling zeigt gleichzeitig das Dilemma der Saale Bulls: Ein Verein, der erst seit sieben Jahren existiert, in dieser Zeit viel in den Nachwuchs investiert hat, jetzt aber gerade an seine Grenzen stößt. Das hat auch etwas mit den Standortnachteilen des Eishockeysports in Sachsen-Anhalt im Vergleich mit den traditionellen Hochburgen in Bayern oder eben in Weißwasser oder Crimmitschau zu tun. In Weißwasser kann Phil Miethling in der Schüler-Bundesliga spielen, in Halle ist momentan mit der Ostdeutschen Meisterschaft das Ende der Fahnenstange erreicht.

Halle hat zwar mit Miethling, Tischendorf oder Lara Fischer und Irene Heise, die schon in der Nationalmannschaft ihrer Altersklasse gespielt haben, beachtliche Talente. Aber zu einer kompletten Mannschaft auf Bundesliga-Niveau reicht es noch nicht. "Das ist nicht mal ein finanzielles Problem. Wir fördern ja den Nachwuchs, aber wir bekommen eben noch keine Mannschaft mit 15 bis 20 gleichwertigen Spielern in jeder Altersklasse zusammen. Die gesamte Nachwuchsabteilung zählt ja gerade 70 Jungen und Mädchen", sagt Michael Rahn, so etwas wie der ehrenamtliche Nachwuchs-Manager. Und er warnt: "Wir müssen das Problem jetzt lösen, bevor uns eine ganze Generation, die wir ausgebildet haben, wegläuft."

Es gibt eigentlich nur eine Möglichkeit, das Dilemma schnell in den Griff zu bekommen. Kinder von außerhalb für den Eishockey-Standort Halle und die Ausbildung an der Sportschule zu interessieren. "Wir hatten im Sommer zwei Jungen aus Berlin und Erfurt hier. Das scheiterte zwar jeweils aus persönlichen Gründen, aber auf Dauer ist das nicht aussichtslos", sagt Rahn. Nur so kann verhindert werden, dass Talente wie Miethling wegen Perspektivlosigkeit schon als Jugendliche auf Wanderschaft gehen.