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Afghanistan-Einsatz Afghanistan-Einsatz: Vorfreude auf den Vater

Von CLAUDIA CRODEL 28.01.2011, 20:27

Halle (Saale)/MZ. - Den Samstag hat sich Anja Schimpf schon lange herbei gewünscht - erst recht seit dem Neujahrstag. Denn gut zwei Stunden nach dem Jahreswechsel wurde Karl Theo als erstes Baby des Jahrs 2011 in Halle geboren. Vater Alexander Schimpf konnte bei der Geburt seines ersten Kindes nicht dabei sein. Der 30-jährige Zeitsoldat ist seit November im Einsatz in Afghanistan.

Am Samstag, genau um 13.52 Uhr, kann die junge Mutter vom Familien-Zentrum der Bundeswehr in Leipzig aus an einer Video-Schaltung nach Afghanistan teilnehmen und dem stolzen Vater den kleinen Karl Theo live präsentieren. Doch die Vorfreude ist gepaart mit der täglichen Angst. "Für mich ist das Krieg, was in Afghanistan passiert. Und wer schickt schon gern seinen Mann in den Krieg", so die 30-Jährige. Es sei alles sehr belastend für die Familien - nicht bloß, wenn ein Baby da ist. Sie versuche das Thema so weit wie möglich auszuklammern, nicht drüber nachzudenken.

"Als Theo noch nicht da war, habe ich mich dauernd mit Freunden getroffen, war ständig auf Achse, habe es vermieden, allein zu Hause zu sitzen", so Anja Schimpf. "Denn je mehr man sich damit beschäftigt, desto schlimmer wird es." Sie ist froh, dass ihre Eltern ganz in der Nähe wohnen. Mit ihnen redet sie oft über ihre Ängste und Gefühle. Alles zu verdrängen ist schwierig. Die junge Mutter verfolgt im Fernsehen genau alle Sendungen, die mit dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan zu tun haben. So hat sie sich am Donnerstag sogar in der Nacht eine Reportage angeschaut.

Wenn sie mit ihrem Mann per Handy telefoniert, kann er aus Sicherheitsgründen nicht erzählen, was er vor Ort erlebt. "Wir reden dann meist belanglose Dinge. Ich will keinen gefährden, weder meinen Mann, noch irgendjemanden anders dort in Afghanistan." Dass vor Kurzem ein Bundeswehrsoldat aus Halle beim Einsatz in Afghanistan ums Leben gekommen ist, hat Anja Schimpf besonders berührt.

Viel hat sie ihrem Mann am Handy über Karl Theo erzählt, dass er manchmal schon richtig guckt beispielsweise und welche Grimassen er zieht. Zudem habe sie ein Päckchen geschickt. "Damit er sich eine Vorstellung davon machen kann, wie groß unser Kleiner ist, habe ich einen Baby-Body in der Größe hineingepackt, wie Theo ihn trägt."

Die Begegnung per Video-Konferenz sei aber etwas ganz anderes als nur E-Mails schicken oder kurz zu telefonieren. "Mein Mann freut sich schon riesig und ist ganz neugierig auf Theo." Solch eine Video-Schaltung hat Anja Schimpf schon mehrfach mitgemacht, denn es ist bereits Alexander Schimpfs vierter Auslandseinsatz - aber der erste in Afghanistan. "Man nimmt sich viel vor, was man dem anderen sagen will, aber wenn man ihn sieht, ist das ein so emotionaler Moment, da ist alles weg, was man erzählen wollte." Ganz schnell sei die Zeit der Live-Schaltung vorbei und man habe meist fast gar nichts gesagt.

Fünf Minuten Zeit haben die Angehörigen eines jeden Soldaten im Auslandseinsatz für eine solche Video-Konferenz. Anja Schimpf hat aufgrund der besonderen Familiensituation einige Minuten mehr beantragt - was ihr die Bundeswehr auch zugestanden hat. Was sie ihrem Mann erzählen wird, darüber hat sie wegen der Erfahrungen nicht viel nachgedacht. Auf jeden Fall wird es um Theo gehen.

Der hat sich prächtig entwickelt. Als er am 1. Januar 2011 fünf Wochen zu früh zur Welt kam, war er 45 Zentimeter groß und wog 2 475 Gramm. Bis zum 11. Januar waren Anja Schimpf und Karl Theo noch in der Klinik. Mittlerweile hat sich die junge Mutter an den neuen Tages-Rhythmus gewöhnt. "Theo ist sehr lieb und schläft viel. Nachts muss ich ihn manchmal zum Stillen wecken", meint sie. Viel Unterstützung bekommt sie von ihren Eltern, die am Samstag auch mit an der Video-Konferenz teilnehmen werden. Außerdem ist sie dankbar für die Ratschläge einer Hebamme.

Seinen Namen hat das Baby übrigens einer Familientradition wegen erhalten - mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg habe das gar nichts zu tun, stellt die Mutter klar. "Wir hatten uns auf den Namen Theo geeinigt. Dann aber kam er ausgerechnet am 1. Januar zur Welt. An dem Tag hatte mein Opa, der Karl Rudolf hieß, Geburtstag", erzählt Anja Schimpf. Der Opa, den sie gern hatte, ist vor zehn Jahren gestorben. Ihm zu Ehren sollte das Baby einen zweiten Vornamen erhalten. "Den Rudolf wollte ich dem Kleinen ersparen. Aber Karl fand ich gut." Auch ihr Vater heiße übrigens mit zweitem Vornamen Karl.

Und wann kann der Soldat seinen Sohn erstmals richtig in Augenschein nehmen? Im Frühjahr, so hoffen alle, soll es so weit sein. Dann kehrt Alexander Schimpf aus Afghanistan zurück und kann seinen Sohn in den Arm schließen.