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Lademann-Halde Lademann-Halde Eisleben: Ist das Biotop und Wahrzeichen in Gefahr?

Von Julius Lukas 12.04.2017, 12:00
Reste des Kupferbergbaus: Die Halde im Nordosten von Eisleben bedeckt eine Fläche von 8,4 Hektar. Sie gehörte zum Lademannschacht und wurde von 1879 bis 1964 aufgeschüttet.
Reste des Kupferbergbaus: Die Halde im Nordosten von Eisleben bedeckt eine Fläche von 8,4 Hektar. Sie gehörte zum Lademannschacht und wurde von 1879 bis 1964 aufgeschüttet. Archiv/Lukaschek

Eisleben - Eine Halde ist, ganz nüchtern betrachtet, ein Haufen Steine. Einst unbrauchbares Material, das zu einem Berg aufgetürmt wurde. Ein Überbleibsel jahrhundertelanger Bergbautradition.

Eine Halde kann aber auch mehr sein. Für Bauunternehmen etwa wird sie zum Ressourcenlieferanten, weil das früher unnütze Gestein heute wieder wertvoll ist, etwa für den Straßenbau.

Über die Jahrzehnte ihres Bestehens kann sich eine Halde auch in ein Biotop verwandelt haben, das von Tieren und Pflanzen erobert wurde. Und oft ist eine Halde auch ein Wahrzeichen.

Lademann-Halde Eisleben: „Dafür werden wir kämpfen“

Alles das ist die Lademann-Halde in Eisleben, wobei es darauf ankommt, wen man fragt. Läuft man etwa mit Andreas Dümmler und Werner Zabel über den bis zu 34 Meter hohen Gesteinshaufen, der sich im Nordosten der Lutherstadt erhebt, merkt man schnell, dass dieser Ort für die Männer ein besonderer ist.

Alle paar Meter stoppen Dümmler und Zabel. Dann untersuchen sie auf dem Boden herumliegenden Steinbrocken, betrachten kleine Pflanzentriebe, die sich durch den rotbraunen Untergrund bohren oder schauen in die Eingänge von Kaninchenbauten. „Diese Halde darf nicht abgetragen werden“, sagen sie. Und: „Dafür werden wir kämpfen.“

Dümmler und Zabel sind Teil einer Bürgerinitiative, die sich Mitte Februar formiert hat. Damals wurde bekannt, dass Kutter HTS, ein Unternehmen aus Helbra, eine Bauvoranfrage für die Halde beim Landkreis Mansfeld-Südharz gestellt hat.

Lademann-Halde Eisleben: Nur ein Testballon

Der Spezialist für Hoch- und Tiefbau möchte einen Teil der Millionen Tonnen Gestein abtragen. „Das ist für uns erst einmal nur ein Testballon“, sagte Kutter-Geschäftsführer Michael Henrici.

Sein Unternehmen habe sich vor zwei Jahren bereits um die Halde beworben. Damals wurde diese vom Eigentümer, der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft angeboten. „Wir waren nicht der Initiator des Abbaus“, sagt Henrici. „Wir sind nur interessiert, wenn es dazu kommt.“

Andreas Dümmler und Werner Zabel wollen aber schon frühzeitig handeln. „Wenn erst einmal eine Teilgenehmigung vorliegt, dann ist es zum Komplettabbau ja nicht mehr weit“, meint Dümmler.

Lademann-Halde Eisleben: Verhindert der Rotmilan den Abbau?

Die beiden Männer laufen einen von jungen Birken gesäumten Weg entlang. Am Horizont ragen die großen Kegelhalden Thälmann und Fortschritt I empor. Plötzlich bleibt Zabel stehen und zeigt in die Luft: „Da ist einer“, sagt der 57-Jährige. Über ihm schwebt ein Greifvogel mit V-förmigem Schwanz. „Ein Rotmilan“, staunt Dümmler. „Wahnsinn, dass wir den heute hier sehen.“

Der Rotmilan könnte für die Abbaupläne werden, was der Feldhamster für ein Gewerbegebiet bei Sangerhausen oder das Kleine Knabenkraut für den Weiterbau der A143 bereits ist: Das Ende oder zumindest die Verzögerung aller Vorhaben.

Denn der Milan ist nach EU-Recht streng geschützt. In Sachsen-Anhalt hat er eines seiner europaweit wichtigsten Verbreitungsgebiete. Und wie sich zeigt, gehört die Lademann-Halde zum Jagdrevier des Greifvogels.

Lademann-Halde Eisleben: Besonderheiten des Biotops nicht offiziell verzeichnet

Aber nicht nur in der Luft findet sich Schützenswertes, sondern auch auf dem Boden. In den 1970er Jahren wurde die Flachhalde zum Teil mit Erde aufgeschüttet und begrünt.

Auf dem Plateau hat sich seitdem ein seltenes Biotop entwickelt. „Hier ist ein Schwermetallrasen entstanden“, erklärt Werner Zabel. Diese Vegetationsform findet man auf eigentlich lebensfeindlichem Untergrund, den nur wenige Pflanzen besiedeln können. Deswegen stehe der Schwermetallrasen auch unter Naturschutz.

Allerdings sind diese Besonderheiten des Halden-Biotops nirgendwo offiziell verzeichnet. „Es gibt ein Gutachten aus dem Jahr 1995“, erklärt Dümmler. Aber das sei für Halde vernichtend. „Die schützenswerten Pflanzen und Tieren sind dort nicht aufgeführt“, sagt Zabel. Stattdessen kommt das Gutachten zu dem Schluss: „Gegen einen vollständigen Rückbau werden keine Einwände erhoben.“

Lademann-Halde Eisleben: Die Skyline der Stadt

Es ist ein Fazit, mit dem sich die Bürgerinitiative nicht zufrieden geben will. „Das Gutachten beruht auf Daten, die zwingend erneuert werden müssen“, sagt Werner Zabel.

Ob das für die Prüfung der Bauvoranfrage von Kutter HTS gemacht wird? „Keine Ahnung“, sagt Uwe Gajowski, Sprecher des Landkreises Mansfeld-Südharz. Derzeit sei die entsprechende Fachabteilung damit befasst. „Deren Einschätzung warten wir jetzt ab.“

Doch es geht der Bürgerinitiative nicht nur um Naturschutz, sondern auch um ein Wahrzeichen von Eisleben. „Die Halde ist seit über 100 Jahren in der Skyline der Stadt vorhanden“, sagt Dümmler.

Lademann-Halde Eisleben: Teil bereits in den 90er Jahren abgetragen

Oft werde vergessen, dass sich das Leben hier um die Halde herum entwickelte. „Und Eisleben gibt es nur, weil es den Bergbau gegeben hat“, meint Dümmler.

Und Zabel ergänzt: „Man würde hier eine Tradition wegbaggern.“ Für die beiden Männer ist das schon zu oft geschehen. Etliche Halden im ehemaligen Kupferrevier sind bereits verschwunden.

Auch die Lademann-Halde wurde um etwa die Hälfte reduziert. Ursprünglich bestand sie nämlich aus zwei Teilen. „Die Nordhalde hat man in den 90er Jahren abgetragen“, erzählt Dümmler. Die Begleiterscheinungen seien Lärm und viel Dreck gewesen. Heute steht, wo einst der nördliche Steinhaufen war, ein Solarfeld.

Lademann-Halde Eisleben: Zuversicht bleibt

Am Ende ihres Rundgangs über die Halde kommen Werner Zabel um Andreas Dümmler noch an einem kleinen Erdwall vorbei, auf dem ein Heer von violetten Pflanzen wächst.

Im Volksmund werden die als Bergmännchen bezeichnet, erklärt Zabel: „Man könnte fast sagen, dass die so zahlreich hier wachsen, weil sie die Halde beschützen wollen.“ Dümmler nickt und meint: „Bergmänner sind ausdauernd und standhaft.“ Und das mache ihn zuversichtlich. (mz)

Andreas Dümmler und Werner Zabel auf dem Plateau der Halde. Im Hintergrund erstreckt sich Eisleben.
Andreas Dümmler und Werner Zabel auf dem Plateau der Halde. Im Hintergrund erstreckt sich Eisleben.
Lukaschek