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Heimatgeschichte Heimatgeschichte: Grabenschule in Eisleben prägt das Wohnviertel

Von Burkhard Zemlin 16.08.2017, 16:00
Carl Eitz
Carl Eitz Archiv

Eisleben - Der Tag der Einweihung der Grabenschule in Eisleben, in der bis vor nunmehr 13 Jahren Generationen von Schülern Lesen und Schreiben lernten, liegt leider im Dunkeln. Wir wissen zwar, dass am 6. August 1877 „auf dem Graben“ ein achtklassiges Schulhaus übergeben worden ist, wie Kurt Lindner im II. Band seines Buches „Lutherstadt Eisleben“ (1983) schreibt. Doch wann genau jener großzügige Klinkerbau fertiggestellt wurde, der seit etwa 135 Jahren die Grabenstraße dominiert und wann dort die ersten Schüler Einzug hielten, darüber schweigen die Quellen.

Schulneubau in der Eisleber Grabenstraße wohl im Jahr 1883 errichtet

Den Annalen ist lediglich zu entnehmen, dass in der Grabenstraße „an gleicher Stelle“ sechs Jahre später, also 1883, „ein Neubau mit 15 Klassenräumen errichtet“ wurde. „Für 455 Jungen und 502 Mädchen des ,niederen Standes'“, so Kurt Lindner, der bedauernd hinzufügte: „Von etwaigen Feierlichkeiten bei der Übergabe dieser II. Bürgerschule ist in der Stadtchronik nichts vermerkt.“ Das erklärt, weshalb in der Literatur widersprüchliche Angaben zur Einweihung der Schulhauses zu finden sind. Aber im Lutherjahr 1883 dürfte der 100.000 Mark teure Neubau wohl fertig gewesen sein.

Dass jedoch Ferdinand Neißer (1864-1928) in diesem Haus das Einmaleins erlernte, kann aber sicher ausgeschlossen werden. Laut Überlieferung hat Neißer zwar die Grabenschule besucht, doch schon 1879 als 15-Jähriger zog er hinaus in die Welt, in der er vielerorts als Orchesterleiter Erfolge feiern sollte, bevor er in seine Heimat zurückkehrte. Seit 1928 erinnert in Eisleben ein Straßenname an diesen ehemaligen Grabenschüler.

Olympionike Erich Joch und Musiker Burkhard Lasch waren einst Grabenschüler in Eisleben

Zwei weitere Grabenschüler machten ebenfalls deutschlandweit von sich reden: Erich Joch (1913-2003), der als Leichtathlet 1936 das Olympische Finale im Dreisprung erreichte, und Burkhard Lasch (geb. 1940), Musiker, Komponist und Autor, der unter anderem für die Puhdys, Karat, die Stern-Combo Meißen und Frank Schöbel Texte schrieb.

Nicht zu vergessen der Name eines Lehrers der Grabenschule, an den in Eisleben ein Promenadenweg erinnert: Carl Eitz (1848-1924), Erfinder der Tonwortmethode im Musikunterricht, der fast sein gesamtes Arbeitsleben in der Grabenschule unterrichtete und sein Lebenswerk im Alter mit Verleihung des Professorentitels und der Ehrendoktorwürde gekrönt sah.

Eitz hatte im Jahr 1905 noch die Teilung der II. Bürgerschule nach Geschlechtern miterlebt. Seither ist die Grabenschule auch als Knabenvolksschule bekannt. Zehn Jahre später beschlossen die Stadtverordneten, die Schule mit elektrischer Beleuchtung auszustatten, eine Neuerung, die anderswo längst zum Alltag gehörte.

Schule wurde im Sommer 2004 geschlossen und ist seitdem ungenutzt

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Inventar der Schule in alle Winde verstreut. Nach Abzug des hier einquartierten Militärs fanden die Stadtväter 1919 ein leer geräumtes Haus vor. Die Schule habe fürchterlich ausgesehen, heißt es in der Chronik, und dass die Stadt die Kosten für die Wiederherstellung tragen musste, da der Militärfiskus nicht haftbar gemacht werden konnte.

1945 hielten Kriegsflüchtlinge in dem Haus auf dem Graben Einzug. Wieviel es waren und wie sie hier bis Anfang Mai 1946 lebten, ist schwer zu sagen. Nach ihrer Umquartierung wurde das Haus wieder als Schule hergerichtet, wenngleich die Verhältnisse noch über Jahre von Entbehrungen geprägt waren, die sich heute wohl kaum noch jemand vorzustellen vermag.

In den 1950er Jahren erlebte die einstige Knabenvolksschule die Entwicklung zur zehnklassigen Oberschule, hieß schließlich „Oberschule III“, bevor ihr 1961 der Name „Fritz Heckert“ gegeben wurde. 1991 erfolgte die Umbenennung in „Sekundarschule Grabenstraße“, die die letzte bleiben sollte. Im Sommer 2004 wurde die Schule auf Grund rückläufiger Schülerzahlen geschlossen und wartet seither auf eine neue Nutzung. Es gab verschiedene Pläne, die Schule wieder zu nutzen. Von einem Kulturzentrum war die Rede oder von einem Technischen Rathaus. Ob und was umgesetzt wird, das ist offen. (mz)

Die Grabenschule in Eisleben im Jahre 1908
Die Grabenschule in Eisleben im Jahre 1908
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Ferdinand Neißer
Ferdinand Neißer
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