1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Eisleben
  6. >
  7. Alt-Äbtissin wird in Helfta noch gebraucht

Alt-Äbtissin wird in Helfta noch gebraucht

Von BURKHARD ZEMLIN 16.10.2009, 15:51

EISLEBEN/MZ. - Aber dann kam doch alles ganz anders. Nach dem Tod der hochgeschätzten Helftaer Äbtissin Assumpta Schenkl suchte der Orden eine Nachfolgerin. Schwester Agnes hat erst nein gesagt, doch dann meinte sie, dass sie sich Helfta einmal anschauen würde, um die Schwestern kennenzulernen.

Nach diesem Besuch fand sie, dass es ja doch etwas werden könnte. Sie gab der Bitte ihres Ordens nach und stimmte zu, für eineinhalb Jahre als Administratorin die Pflichten einer Priorin in Helfta zu übernehmen. Der Ort habe ihr von Anfang an gefallen, sagt sie und denkt gern an ihre ersten Begegnungen in Eisleben zurück. "Oberbürgermeisterin Fischer und alle waren sehr freundlich", so die Priorin. Nein, sie habe kein Heimweh nach Österreich, wo sie 1941 das Licht der Welt erblickte. Ausgerechnet am 18. Februar, Luthers Todestag, was für ein Zufall. Mittlerweile hat Agnes Fabianek die Eisleber Lutherstätten besucht, gemeinsam mit einer Gruppe Bischöfen. "Es war eine neue und gute Erfahrung", fasst die Ordensfrau ihre Eindrücke zusammen.

Luther und die Reformation waren für sie bislang ja eher weit weg. Schwester Agnes ist in einem Land groß geworden, in dem mehr als 90 Prozent der Bevölkerung zur katholischen Kirche gehören. Auch ihre Eltern, die im niederöstereichischem Roseldorf ein Weingut mit Bauernhof besaßen, haben ihre beiden Kinder selbstverständlich katholisch erzogen. Wie sie waren, die Eltern? Ihre Mutter hat Schwester Agnes als "gütig" in Erinnerung, eine Frau mit "Hausverstand", die im Krieg, als der Vater fort war, das Weingut allein mit einem polnischen Gefangenen bewirtschaftet hat. Mutter hat es schwer gehabt, den Betrieb durch die Kriegsjahre zu bringen, sie musste erst die Pferde und dann auch noch die Ochsen abliefern.

Ihren Vater beschreibt die Priorin als "gemütvollen Menschen", der viel nachgedacht hat. Was die Eltern gesagt haben, als sie erfuhren, dass Tochter Agnes nach dem Abitur ins Kloster eintreten wird? "Sie waren natürlich dagegen", so die Ordensfrau. "Ich hätte doch nach der Universität so viele Chancen. Aber ich habe gespürt, es ist Zeit für mich."

So trat sie mit 20 Jahren in die Abtei Mariastern-Gwiggen ein, wurde Zisterzienserin, während ihr Bruder den Weg des Vaters einschlug und schließlich das Weingut übernahm, in dem heute bereits die nächste Generation tätig ist. Agnes Fabianek fühlte sich von Anfang an bei den Schwestern gut aufgehoben, mit 27 Jahren erwählte sie der Orden zur Äbtissin. In diesem Amt lernte sie 1998 bei einer Äbtissinnenkonferenz in Rom Priorin Assumpta kennen, deren Spiritualität sie sehr nahe steht. "Sie hat mir von Helfta erzählt und mich eingeladen, auch dorthin zu kommen", erinnert sich Agnes Fabianek an diese Begegnung.

Mehr als zehn Jahre sind seither vergangen. Schwester Agnes hat ihr Äbtissinnenamt 2005 nach 37 Jahren abgegeben und sich zur Ruhe gesetzt. Sie hatte keine Ahnung, dass eine neue Aufgabe auf sie zukommen würde. Sie wird ganz einfach noch gebraucht.