"Unverantwortlich" "Unverantwortlich": Kritik am CDU-Parteitag in Dessau ohne Masken und Abstand

Dessau - Nach dem Parteitag am Wochenende im Golfpark in Dessau steht die CDU Sachsen-Anhalt nun bundesweit in der Kritik. Aufnahmen des MDR zeigen Dutzende Delegierte trotz weiterhin geltender Corona-Beschränkungen ohne Mindestabstand und Maske.
Als „maximal unsensibel“ sieht etwa FDP-Vize Wolfgang Kubicki die Entscheidung von CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff gegenüber der Bild-Zeitung. Dies passe nicht „zu einer Zeit, wo politische Entscheidungsträger anderen härteste Grundrechtsbeschränkungen auferlegen“.
Dessaus grüne Bundestagsabgeordnete Steffi Lemke findet das Vorgehen von Sachsen-Anhalts CDU „unverantwortlich“. So schreibt sie auf Twitter: „Auch wenn Schnelltests statt fanden (sic), ist doch bei einem solchen Event eine Maskenpflicht einfach eine absolute Selbstverständlichkeit.“
„Als ich die Bilder gesehen habe, fehlten mir die Worte“
Als „zutiefst verantwortungslos“ bezeichnete der parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Landtag, Stefan Gebhardt, das Fehlen einer Maskenpflicht. „Als ich die Bilder gesehen habe, fehlten mir die Worte. Das ist eine Steilvorlage für alle Coronaleugner.“ Das Bild, das die CDU abgebe, sorge für Frust in der Bevölkerung. „Wie soll ich denn einem Kulturschaffenden, zum Beispiel einem Schauspieler, erklären, dass er trotz Hygienekonzept nicht auftreten darf, wenn ich solch ein schlechtes Vorbild abgebe?“, sagte Gebhardt. Nun sei es noch schwieriger, die Bevölkerung zur Einhaltung der AHA-Regeln zu animieren.
Die beiden CDU-Mitglieder, Stadtrat Eiko Adamek und Bundestagsmitglied Sepp Müller, waren am Wochenende auch auf dem Parteitag anwesend, hätten aber jeweils eine Maske getragen - freiwillig, wie sie sagen.
Bei AfD-Parteitag wurden Auflagen für Masken und Abstand schärfer kontrolliert
Scharfe Kritik an der Veranstaltung gab es auch vom Dessauer AfD-Bundestagsabgeordneten Andreas Mrosek: „Ohne Masken, ohne Abstand?“ fragt, der AfD-Mann und nennt die CDU-Delegierten in einer Nachricht auf Twitter schließlich „Heuchler!“.
Zuletzt war die AfD bei ihrem Bundesparteitag in Kalkar scharf auf die Einhaltung von Abständen und Maskenpflicht kontrolliert worden. Beim Landesparteitag im Dezember in Magdeburg verzichtete das Ordnungsamt auf die Kontrolle der Auflagen in der Halle. Magdeburgs OB Lutz Trümper (SPD) hatte dies mit der Sicherheit seiner Mitarbeiter begründet und die AfD zugleich für ihren Parteitag scharf kritisiert.
Kritik gab es auch vor Ort in Dessau. Tino Weinhardt von der Dessauer Veranstaltungsfirma I-Tecs stellt auf Facebook fest: „Ich finde es schön, dass die CDU Sachsen-Anhalt heute im Selbstversuch bestätigt hat, dass Veranstaltungen unter Einhaltung von Hygienekonzepten problemlos möglich sind.“
Am Wochenende lag der Inzidenzwert für Dessau-Roßlau bei 84,9 und damit noch deutlich über den Werten von 50 und 35, für die Lockerungen derzeit diskutiert werden.
CDU begründet die Entscheidung mit eigenem Hygienekonzept
Die CDU hatte am Sonnabend Ministerpräsident Reiner Haseloff zu ihrem Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Juni gewählt - und sich für ihren Parteitag damit gerechtfertigt, dass keine externen Gäste zum Parteitag zugelassen waren und vor Ort alle Teilnehmer nur mit negativem Corona-Test an der Veranstaltung teilnehmen durften.
Was zumindest auch nicht ganz korrekt ist: Zwar wurde offiziell für alle Zuschauer ein Internet-Stream von der CDU bereitgestellt. Die nun heiß diskutierten Bilder entstanden durch ein MDR-Team, das trotzdem vor Ort drehen durfte.
Zusätzliche Kritik an der Wahl zu den Landeslisten der CDU
Allerdings erntete die Landes-CDU nicht nur wegen fehlender Masken- und Abstand Kritik. Auch die wenigen Frauen auf den vorderen Plätzen der Landeslisten für Landtags- und Bundestagswahl sorgten für Verwunderung. So ist unter den ersten zehn Plätzen für die Landtagswahl mit Sandra Hietel gerade mal eine Frau, die durch das freiwillige Ausscheiden von Ex-Innenminister Holger Stahlknecht auf Listenplatz zwei aufgerückt war.
Unter den ersten neun Listenplätzen für die Bundestagswahl ist mit Heike Brehmer ebenfalls nur eine Frau, diese aber immerhin auf Platz eins.
Das sorgte auch beim ehemaligen CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz für Verwunderung: „Krass. Wenn das kein Argument dafür ist, dass die CDU endlich eine Quote für Frauen einführt“, schrieb dieser auf Twitter. (mz)