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Tränen trotz gelungener Premiere

Von Katrin Löwe 19.12.2004, 15:06

Köthen/MZ. - "Ich bin bin sehr zufrieden", sagt Frank Hofmann, Theaterpädagoge in der "Theaterprofile" Leipzig GbR. Seit Oktober hat er im Auftrag des multikulturellen Zentrums Dessau im Köthener "Integrationstreff 2002" mit Kindern und Jugendlichen das Theaterstück "Das Bandenspiel" entwickelt und geprobt, das am Freitag seine Premiere hatte. Aus den Ideen der Kinder selbst heraus hat Hofmann das Stück geschrieben - "damit identifizieren sie sich." Nicht, weil sie selbst in Banden sind, sondern weil sie auch ihren Alltag erleben mit Streit, Versöhnung etc.

Hofmann sieht nach wöchentlichen Proben und zwei Intensivphasen an einem Wochenende und drei Ferientagen neben der Aufführung selbst vor allem einen Effekt: "Die Aussiedler und die deutschen Kinder und Jugendlichen sind sich näher gekommen, sie haben gelernt, dass man auch durch Haltungen, Gestik und Mimik miteinander kommunizieren kann." Und den Akteuren selbst - 20 haben sich an den Proben beteiligt, sieben Mädchen im Alter zwischen acht und 15 Jahren sind am Freitag aufgetreten - hat es einen Riesen-Spaß gemacht. "Ich habe in der Schule schon mal Theater gespielt", berichtete Melanie Holtorf ganz stolz, "Hänsel und Gretel" wurde damals aufgeführt.

Einen großen Wermustropfen hatte der Freitagnachmittag aber, und dass am Ende Tränen en masse flossen, lag nicht etwa daran, dass die Premiere des Bandenspiels missglückt wäre. Für den in Trägerschaft des VHS Bildungswerkes stehenden Treff selbst nämlich steht das Happy End noch in Frage, am Freitagabend hat er vorläufig seine Pforten geschlossen. Ob, wann und wie es weitergeht, das steht derzeit noch in den Sternen.

"Ich hoffe, dass es das tut - im Sinne der Kinder", meinte Heidrun Hübner, die nach drei Jahren als Leiterin der Einrichtung am Freitag ihren letzten Arbeitstag hatte - ihr Vertrag ist ausgelaufen. Bereits Ende November waren zwei SAM-Stellen beendet, die über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen fortgeführt werden sollten. Entsprechende Projektunterlagen waren beim Arbeitsamt eingereicht worden, bis heute allerdings, so Hübner, wurden die Stellen nicht bewilligt.

"Hier wird tolle integrative Arbeit geleistet, zu der ich ein Stück beitragen konnte", meinte am Freitag auch Hofmann. "Es ist schade, wenn so etwas wegbricht." Dass dies nicht passiert, wünscht sich nicht nur er. "Hier sind so viele Bindungen entstanden", sagt Hübner. An Ideen für integrative Arbeit mangelt es nicht, auch Erwachsene sollten künftig verstärkt einbezogen werden. Ein Behördenführer für Spätaussiedler und Migranten liegt in deutscher Fassung schon vor, harrt auf Übersetzung.

Auch solche Dinge würden wegbrechen, wenn es keine Zukunft für den Treff gebe. Abgesehen von den zahlreichen Spätaussiedler-Kindern und deutschen Mädchen und Jungen, die sich hier treffen. "Wir sind täglich hier", berichteten z.B. die Mädchen der Theatergruppe. Zum Proben, zum Tanzen, zum Reden. Täglich waren es im Durchschnitt 45 Mädchen und Jungen, die den Treff besuchten - an manchen Tagen bis zu 80.

Kinder und Jugendliche, die auch zu Chefin Heidrun Hübner ein ganz besonderes Verhältnis aufgebaut hatten, wie Geschenke und viele Tränen am Freitagnachmittag bewiesen. Junge Menschen, die ebenso wie die Frauengruppe von Spätaussiedlern und die bisher hier Beschäftigten eine Hoffnung haben: Dass es nicht nur im "Bandenspiel", sondern auch für den Treff noch ein Happy End geben wird.