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Rosenhof in Dessau-Nord Rosenhof in Dessau-Nord: Wo Obdachlose ein Dach über dem Kopf bekommen

13.01.2016, 11:51
Der Rosenhof in Dessau Nord ist besonders in den Wintermonaten ein wichtiger Anlaufpunkt für Obdachlose.
Der Rosenhof in Dessau Nord ist besonders in den Wintermonaten ein wichtiger Anlaufpunkt für Obdachlose. Lutz Sebastian Lizenz

Dessau-Roßlau - Nicht nur durch den jetzigen Wintereinbruch rücken Obdachlose in den Fokus. Auch die Aufnahme von Asylbewerbern in der Stadt hat vielfach zu dem Vorwurf geführt, dass für Obdachlose nichts getan werde. Doch wie sieht die Situation in Dessau-Roßlau aus? MZ-Redakteurin Heidi Thiemann befragte Heike Paesold, Leiterin des Amtes für Soziales und Integration.

Wie viele Obdachlose gibt es gegenwärtig in Dessau-Roßlau?

Paesold: In der Obdachloseneinrichtung der Stadt Dessau-Roßlau im Rosenhof sind gegenwärtig 46 alleinstehende Personen und vier Familien mit insgesamt zwölf Personen untergebracht.

Wie hat sich die Zahl der Betroffenen zum Vorjahr verändert?

Paesold: Im Vergleich zum Vorjahr haben wir sechs Personen mehr aufgenommen.

Was sind Gründe für die Obdachlosigkeit von Menschen?

Paesold: Obdachlos ist, wer akut keine Wohnung hat oder vom Verlust seiner gegenwärtigen Unterkunft bedroht ist, etwa wenn es eine Zwangsräumung durch den Gerichtsvollzieher aufgrund von Mietrückständen oder mietwidrigem Verhalten gibt.

Wohin können sich Betroffene wenden, um Hilfe zu erhalten? Oder auf welchem Wege erfährt das Amt für Soziales und Integration von den Betroffenen?

Paesold: Über das Amtsgericht Dessau-Roßlau erfolgt bei Eingang einer Klage auf Räumung der Wohnung eine Anfrage, ob die offenen Forderungen des Klägers über die Sozialleistungsträger befriedigt werden können. Aber auch Personen selbst oder Angehörige sprechen in unserem Amt vor und zeigen eine drohende Wohnungslosigkeit an. In intensiven Gesprächen mit den Betroffenen, unter anderem durch Vermittlung einer anderen Wohnung, wird in diesem Zusammenhang zuerst versucht, eine Obdachlosigkeit zu verhindern.

Welche Unterstützung beziehungsweise Hilfen erhalten Obdachlose vom Sozialamt?

Paesold: Zum Beispiel helfen wir den Menschen mit der Aufnahme in die Obdachloseneinrichtung, aber auch mit Beratung und Information. Unsere Mitarbeiter vermitteln zur Schuldner- und Insolvenzberatung, helfen aber auch bei der Vermittlung von psychosozialen Hilfsangeboten. Auch beraten sie, welche Sozialleistungen in Anspruch genommen werden können. Unterstützung wird ebenfalls bei der Wohnungssuche gegeben. In manchen Fällen regen wir auch eine gesetzliche Betreuung an.

Und was kann im Vorfeld getan werden, um Obdachlosigkeit zu vermeiden?

Paesold: Ratsam ist die rechtzeitige Annahme von Hilfsangeboten, wie zum Beispiel die Schuldner- und Insolvenzberatung oder psychosoziale Beratungsangebote. Es geht dabei darum, Lösungswege aufzuzeigen und auch zu vereinbaren, um beispielsweise mit Ratenzahlungen oder auch mit der Beantragung von Darlehen im Sozialleistungsbezug Räumungsklagen abzuwenden.

Müssen Menschen hier in der Stadt unter der Brücke oder auf der Parkbank schlafen?

Paesold: Die Stadt Dessau-Roßlau hält die Obdachloseneinrichtung mit 48 Einzelplätzen und 20 Wohnungen für Familien vor. Der Zugang zur Obdachloseneinrichtung ist täglich 24 Stunden gewährleistet. Die Anschrift der Einrichtung ist veröffentlicht. Personen, die hilflos und nach den eigenen Angaben wohnungslos in der Stadt Dessau-Roßlau angetroffen werden, werden auf das Hilfsangebot hingewiesen oder auch zur Obdachloseneinrichtung begleitet.

Wie Obdachlose unterstützt werden, lesen Sie auf Seite 2.

Welche Sozialleistungen bekommen obdachlose Menschen? Erhalten sie Hartz IV oder Wohngeld?

Paesold: Gesetzlich geregelt ist, dass für Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse verbunden mit sozialen Schwierigkeiten vorliegen, Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen sind, wenn die Menschen aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Die Leistungen umfassen alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Insbesondere geht es um die Beratung und persönliche Betreuung für die Leistungsberechtigten und ihre Angehörigen, um Hilfen zur Ausbildung, Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes sowie Maßnahmen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung.

Nicht jeder Obdachlose erhält automatisch Sozialleistungen wie die Grundsicherung für Arbeitslose, Sozialhilfe oder Wohngeld, da sie mit eigenem Einkommen die monatlichen Ausgaben für den Lebensunterhalt bestreiten können. Liegen freilich die gesetzlichen Voraussetzungen vor, haben die Betroffenen grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf solche Sozialleistungen.

Heißt einmal obdachlos immer obdachlos? Welche Erfahrungen gibt es in Dessau-Roßlau?

Paesold: Im Jahr 2015 wurden für 16 Personen Einweisungsverfügungen in der Obdachloseneinrichtung wieder aufgehoben, da eine Versorgung mit eigenem Wohnraum wieder erfolgen konnte. Für zwei weitere Personen wurden Wohnformen des betreuten Wohnens organisiert. Die Aufnahme in eine Obdachloseneinrichtung soll nur eine vorübergehende Schutzmaßnahme darstellen. Ziel ist es, auf die Besonderheiten im Einzelfall abgestellt, wieder eine eigene Wohnung zu erlangen oder in eine geeignete Wohnform eigenständig einzutreten.

Gibt es auch Fälle, in denen sich die Menschen nicht helfen lassen?

Paesold: Diese sind uns nicht bekannt.

Welche Anlaufstellen, außer dem Amt für Soziales und Integration, gibt es für Obdachlose in Dessau-Roßlau noch?

Paesold: Es gibt mehrere Anlaufstellen wie zum Beispiel die Bahnhofsmission, die Suppenküche, aber auch generell die Ämter der Stadt Dessau-Roßlau oder das Jobcenter Dessau-Roßlau. (mz)

Der Rosenhof ist ein ehemaliges Kasernengebäude.
Der Rosenhof ist ein ehemaliges Kasernengebäude.
Lutz Sebastian Lizenz