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Gartenreichtag in Dessau Gartenreichtag in Dessau: Nur der Sockel wird gefeiert

Von Annette Gens 04.08.2015, 18:42
Ein Sandsteinquader bildet den Sockel für die Göttin der Weisheit. Ob sie je darauf stehen wird?
Ein Sandsteinquader bildet den Sockel für die Göttin der Weisheit. Ob sie je darauf stehen wird? Sebastian Lizenz

Dessau - Ob Sekt und Schnittchen gereicht werden, so wie bei der Einweihung der Skulptur des Amors (2009), das steht noch nicht fest. Ob Teelichter entzündet werden, so wie damals bei der Übergabe des sanierten Appolino, der vor dem Schloss Georgium in zeitloser Schönheit grüßt, ist ungewiss. In jedem Fall werde aber gefeiert, versichert Wolfgang Paul. Nur werde die Festgesellschaft zum Gartenreichtag am kommenden Sonnabend nicht vor der sanierten Skulptur der Athene stehen, sondern lediglich vor einem Sockel aus Sandstein am Fasanerieteich des Georgengartens. Der Festakt ist eine Art des Protests, den der Förderverein zum Gartenreichtag zum Ausdruck bringen will.

Es lebe Fürst Franz

Den Gartenreichtag, der in Dessau und Wörlitz immer um den Geburtstags des Fürsten Franz (10. August) gefeiert wird, wollte der Förderverein Georgengarten ursprünglich mit einem besonderen Ereignis aufwerten. Die vor geraumer Zeit schon aus dem Erdreich und unter Ästen und Blattwerk geborgene Sandsteinfigur, die Göttin der Weisheit, sollte auf den Sockel gehoben werden. Und zwar saniert, wie Vorstandsmitglied Paul und die 120 Mitstreiter beschlossen hatten. Doch das hallesche Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie hat dem Vorhaben zum Jahresbeginn einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es stellte fest, dass die bislang als Skulptur der Athena Promachos (im 19. Jahrhundert wurde die Göttin der Weisheit so genannt) bezeichnete steinerne Figur als Minerva (lateinische Bezeichnung der Göttin der Weisheit) unter den Händen eines der bedeutendsten Meister sächsischer hochbarocker Dresdner Bildhauerkunst, Paul Heermann, entstanden sein muss. Heermann wirkte u. a. am Dresdener Zwinger (MZ vom 4. 4. 2015).

Das Original dürfe deshalb nicht mehr um fehlende Teile ergänzt werden, sondern sei in seinem Bestand zu schützen. Die Skulptur dürfe darüber hinaus auch nicht mehr im Freien aufgestellt werden, forderte das hallesche Amt. Was bedeutet, dass eine Replik angefertigt werden muss. Die dann wiederum, um Kopf, Arme und Hals ergänzt, im Georgengarten einen Platz finden könnte.

Das Projekt wurde gestoppt. Der Förderverein konnte die Restaurierung der Athena nicht so realisieren, wie er es e geplant hatte. Stattdessen unterbreitete das hallesche Amt Vorschläge, die gleichzeitig ein verheerendes Zeichen an die ehrenamtliche Arbeit des Fördervereins waren, hat Paul dabei die finanziellen Möglichkeiten des kleinen Vereins sowie seiner Sponsoren im Blick. Plötzlich sollten rund 20000 Euro Mehrkosten entstehen. „Die will und kann niemand tragen.“

Der Verein will sich jetzt an das Landesverwaltungsamt wenden und erfragen, welche Möglichkeiten die Behörde sehe, die bereits in Auftrag gegebene Generalüberholung der Athene zu einem glücklichen Ende zu bringen. „Wir als kleiner Verein können nicht diejenigen nochmals um Hilfe bitten, die für Athena bereits gespendet haben. Das geht zu weit“, erklärten neben Wolfgang Paul auch die Vereinsmitglieder Beate Kühn und Monika Glaß.

In der Konsequenz werde am Sonnabend lediglich der Sandsteinsockel gefeiert. Dass dieser in der Dessauer Steinmetzwerkstätten GmbH entstand, ist ebenfalls mit Hilfe von Spenden des Fördervereins möglich geworden. Eine vierstellige Summe wurde investiert.

So wird der Förderverein um 11.30 Uhr zu einer kleinen Exkursion einladen (siehe „Gartenreichtag in Dessau“). Der Weg führt vom Vasenhaus im Georgengarten zum Fasanerieteich. Just dort hatten Vereinsmitglieder das Fundament der Skulptur vor einem Jahr gefunden.

Der feierliche Protest-Spaziergang ist freilich nicht der einzige Beitrag des Vereins zum Geburtstag des Fürsten Franz. Die Aktionsfläche zwischen Orangerie und Restaurant am Georgengarten bietet am Sonnabend darüber hinaus Unterhaltsames wie Kulinarisches. Es sind Spiele geplant. Holzbälle samt Schnur und eine Leiter sind geordert, um die Gäste zum Wettstreit im Leitergolf aufzufordern. Gebastelt werde mit Butterbrotpapier, Renn-Enten könnten gestartet werden, erklärt Glass, dass der Verein vor allem beim Nachwuchs schöne Erinnerungen an den Georgengarten wecken will, denn „das ist potenzieller Vereinsnachwuchs“.

Pflanzen, Skulpturen und mehr

Zwischen 11 und 17 Uhr werden das Köthener Mediterraneum und die Walderseer Baumschule Göricke mit Pflanzen aufwarten. Letztere zeigt die Vielfalt von Hortensien.

Der Bernburger Holzbildhauer Eike Knaul wird zwischen 11 und 17 Uhr selbst geschaffene Skulpturen vorrangig aus Robinienholz zeigen, die erworben werden können. Mit Heike Drebes kann man mit Perlen basteln. Am Stand des Fördervereins der Anhaltischen Landesbücherei können alle stöbern, die ihren Bücherschrank bereichern wollen.

Und schließlich ist das Kuchenbuffet, das der Verein am Nachmittag öffnet, bei Besuchern schon berühmt. Die Kuchen- und Tortenkreationen, samt Kaffee und anderen Getränken werden - wie immer - für einen guten Zweck abgegeben. Wenn dann die Kaffeezeit beschlossen wird, dann wird im Georgengarten ein Laufsteg improvisiert, auf dem - getreu dem diesjährigen Motto des Gartenreichs (bildschön!) - das Modegeschäft Klamotterie pfiffige Mode zeigt.

Mit ihren Aktionen wollen sich die Akteure weiter ins Gespräch bringen und den Besuchern ihre Ziele erklären und neue Mitstreiter suchen. Die Ziele des Vereins sind übrigens im Garten gut sichtbar, nicht nur in Form von sanierten Skulpturen. Dass es der Georgengarten bis hin zum Beckerbruch gepflegt aussieht, auch dafür wird mit gesorgt. (mz)

Die geborgene Athene.
Die geborgene Athene.
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