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Englisch an Grundschulen Englisch an Grundschulen: Spiele gegen Hemmungen

Von Sylke Hermann 06.02.2002, 17:50

Roßlau/MZ. - "Hey, wir spielen ''Simon says''", flötet der Bursche dem Freund hastig entgegen. Der prescht, die Trinkflasche in der Hand, den Ranzen geschultert als letzter in die Klasse. Ganz oben liegt das Reich der Ellen Bennemann, das englische Reich.

Alltag in der Grundschule Waldstraße. Das "stop talking" der Lehrerin klingt längst vertraut. Mädchen und Jungen hören prompt auf zu tuscheln, die Klasse saugt die fremden Vokabeln auf, klebt an den Lippen der Vorsprecherin. Was "Simon sagt" - auf Englisch natürlich - sollen die Drittklässler umsetzen: das Buch schließen, aufstehen, die Hände heben. Zuhören, verstehen und realisieren. Keine leichte Übung, zumal sie in einer fremden Sprache abverlangt wird, weiß die Lehrerin.

In der Roßlauer Grundschule Waldstraße wird ein Teil jener Stunden, die zur freien Verfügung stehen, genutzt, Schüler der dritten und vierten Klasse mit der englischen Sprache vertraut zu machen. Mit Zensuren bewertet wird das dabei Geleistete nicht, gleichwohl denkt Ellen Bennemann schon darüber nach, wie sie doch bewerten kann. Möglicherweise ja mit einer Urkunde zum Schuljahresende.

Schulleiterin Renate Heinrich weiß um die glückliche Konstellation, in Ellen Bennemann jemanden zu haben, der Englisch unterrichten darf. 400 Stunden umfasste ein Kurs an der Kreisvolkshochschule, der Voraussetzung war, Grundschüler mit dem Englischen vertraut zu machen. Ellen Bennemann, die den Kurs aus eigener Tasche finanzierte und aus persönlichem Interesse belegte, betrachtet diesen gewissermaßen auch als Arbeitsplatzsicherung. Englisch, da ist sie ganz sicher, wird immer mehr an Bedeutung gewinnen. Da wolle sie als Lehrerin nicht auf der Strecke bleiben.

Was 1999 mit einer Arbeitsgemeinschaft begonnen hatte, ist für 92 Schüler in vier Klassen an dieser Roßlauer Schule zum Unterrichtsalltag geworden. "Die Kinder lernen sprechen, sie lernen Schriftbilder kennen, wir singen, spielen Sketche, schauen Videos", umschreibt Ellen Bennemann Inhalte. "Man darf nicht zu viel verlangen." Richtlinien für Englischunterricht an Grundschulen fehlen hierzulande noch. Das, davon geht sie aus, wird sich spätestens 2005 ändern, wenn alle Grundschüler Sachsen-Anhalts Englisch lernen sollen.

Bis dahin sind Übergangslösungen gefragt. An der Biethe-Grundschule vermittelt Ellen Bennemann in einer Arbeitsgemeinschaft erste Englischkenntnisse. Die Eltern müssen dafür bezahlen, wollen sie, dass ihre Sprösslinge dabei sind. Kostenpflichtig ist dieses Angebot ebenso in Meinsdorf. Hier übernimmt eine private Sprachschule aus Halle die Englisch-Offerte. Jutta Lubert, amtierende Schulleiterin, ist froh, dass das Staatliche Schulamt dieses Vorgehen genehmigt hat. Eine Lehrerin nämlich hatte sie nicht zur Verfügung gehabt. So kommt seit Ende November Gitte Gorzitzke immer donnerstags nach Meinsdorf und gibt nach dem eigentlichen Unterricht Englischstunden. Die jüngste, die sie hier mit der fremden Sprache vertraut macht, ist gerade vier Jahre. Durch Hören, durch Gestik, durch Mimik will sie vermitteln, was sich so ungewohnt anhört. Überzeugt ist sie, dass Kinder leicht in die Sprache hineinwachsen. Dem regulären Unterricht, der in höheren Klassen folgt, vorzugreifen, darum gehe es hier nicht: "Wir wollen Angst, Hemmungen und Vorbehalte vor dem Fremden im Spiel abbauen." Und das stößt auf gute Resonanz.