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Ein Festival ankert im Park

Von Ute van der Sanden 17.07.2006, 15:49

Wörlitz/MZ. - Flotte der Gondeln

Fremde Menschen aus nah und fern saßen in einem Boot und verstanden sich großartig. Es bedeutete ihnen etwas, durch jenen Park zu gleiten, den die Menschheit ein Kulturerbe nennt, an verträumten Orten zu verweilen und verträumten Klängen zu lauschen - eingebettet in die vielstimmige Partitur des Gartenreichs. Eine beeindruckende Gondelflotte schob sich durch schattige Kanäle, vorbei an Venustempel und Stieleichen, Seerosen und Kameraleuten. Der Bootsführer erzählte Geschichten vom Parkgründer Vater Franz und dass die Einheimischen ihn heute noch so nennten.

Alles war vom Feinsten. Das Wetter ohnehin. Die Bordverpflegung auch. Die Kombüse eines Wörlitzer Hotels schickte Häppchen, Bowle und ein Büffet, das keine Wünsche offen ließ. Blaugrüne Flaschen schwebten in Weidenkörben herab in die Boote; der Hauptsponsor ließ Rieslingsekt servieren, in Flaschen vergorenen - das Beste also, was sein Keller hergibt. Der zweite Hauptsponsor spendierte eingeschweißte Waschlappen, die gewiss auch taugen, Nobelkarossen zu polieren.

So viele Annehmlichkeiten können den musikalischen Teil des Gesamtkunstwerks leicht in den Rang einer Dekoration verweisen. Das enorm vielseitige Ensemble "Saxofourte" sorgte im Wörlitzer Park dafür, dass genau das nicht passierte. Auf der Brücke am Kleinen Walloch noch verhalten und mit Bach und Scarlatti zu vitalem Ausdruck findend, zeigten Thomas Sälzle, Martin Hilner, Simon Hanrath und Sebastian Pottmeier alsbald, wohin die Reise musikalisch gehen sollte. Ihr Programm war mindestens so international wie die Flora des Gartenreichs. Noch im Amphitheater auf der Insel Stein bannten sie ihr Publikum mit Frank Zappa, Astor Piazolla und besonders mit afrikanisch inspiriertem Ethnojazz.

Prominenz an Bord

Als die Musik am Nymphäum einsetzte, hielt der Park den Atem an. Die Gondolieri gaben Acht, die Paddel nicht klatschen zu lassen, auf den Wiesen saß dankbares Zufallspublikum still, sogar fünf Schwanenbabys schienen leiser um die Boote zu schnattern. Und nachdem das Saxophonquartett mal mit viel Gefühl, mal mit Witz und mal in Jazzlaune Rodrigos "Concierto de Aranjuez" neben Poulenc und Beethoven neben Tangoschwüngen platziert hatte, wussten alle Zuhörer ein wenig besser, was Goethe gemeint haben könnte, als er daselbst schrieb: "Hier ist's jetzt unendlich schön."

In eigenen Booten gondelte die Prominenz, hier Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer, da die komplette Intendanz des Mitteldeutschen Rundfunks. Man hatte Grund zu feiern: "Gartenträume" sind neu in diesem 15. MDR-Musiksommer. Die offizielle Konzertreihe des gleichnamigen Tourismusprojekts durchstreift die Gartengeschichte Sachsen-Anhalts und führt in sieben seiner schönsten Gartenanlagen. Fiel aber nicht weiter auf, das Offizielle.

Das Festival ankert nämlich schon seit vielen Jahren im Wörlitzer Park. Nur einmal bisher fiel die musikalische Gondelfahrt ins Wasser, die Teilnahme ist heiß begehrt. In Sachsen-Anhalt steht man sogar für einen Gartenreichtraum früher auf.