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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Hieroglyphische Inschriften an der Wand im Stadtarchiv

Von SILVIA BÜRKMANN 18.11.2011, 18:14

DESSAU/MZ. - "Danksagungen" heißt es im amtlichen Deutsch, würde im weltsprachlichen Englisch zum einsilbigen "thanks" verkürzt werden. Auf dem Schriftband an der Wand aber erscheinen sechs befremdliche Symbole, wie verschobene Piktogramme. Mit scharfen Augen und Fantasie ist ein abgewinkelter Arm, ein verzwirbelter Docht zu erkennen. Doch was suchen diese kryptischen Zeichen im Stadtarchiv von Dessau-Roßlau? Sie sind schmückendes Accessoire am Rande der am Donnerstagabend eröffneten Sonderausstellung. Und die führt "Von Dessau in das Reich der Pharaonen" auf den Spuren des Ägyptologen und Archäologen Georg Steindorff, der vor 150 Jahren in der Stadt an der Mulde das Licht der Welt erblickte.

Dessen Lebensweg hatte Dietrich Raue, Kustos des Ägyptischen Museums Leipzig, vor großem Publikum im Hugo-Junkers-Saal im NH-Hotel nachgezeichnet. Den Weg eines "typischen Ägyptologen der Wilhelminischen Epoche". Und der sich seit seinem ersten Ägyptenbesuch im Jahr 1885 zu einem regelrecht fanatischen Sammler entwickelt. Als Steindorff 1893 an der Leipziger Universität die kleine ägyptische Lehrsammlung übernahm, zählte die einen großen Holzsarkophag und drei kleine Kunstobjekte. In den vier Jahrzehnten Steindorffscher Ägide wuchs dieser Bestand auf 9 000 Objekte. Die spannende Lebensgeschichte, abgeleitet aus wissenschaftlichen Quellen und Publikationen ebenso wie aus persönlichen Erinnerungen und Briefen der Nachfahren der seit der Emigration 1939 in den USA lebenden jüdischen Familie, breitet Raue vor einem gebannt lauschenden Publikum in lebhaft-verständlicher Vortragskunst aus.

Mit dieser Ouvertüre prächtig eingestimmt, wanderten viele Besucher nach dem Vortrag direkt zur Sonderausstellung ins Stadtarchiv. Die kleine Ausstellung mit 25 Exponaten beeindruckt: Hannelore und Wilhelm Schulze haben den Abend sehr genossen und auch die Gelegenheit genutzt, ganz zwanglos mit dem Leihgaben-Geber aus Leipzig zu plaudern. Lothar Jeschke ist nach diesem Abend entschlossen, auch das Ägyptische Museum in Leipzig zu besuchen.

Das trägt seit 2008 den Namen Georg Steindorff. "Da kann man ja richtig stolz sein, dass die eigene Heimatstadt so einen Mann hervorgebracht hat", nickt eine Besucherin beeindruckt. Kustos Raue hatte zuvor Szenenapplaus eingeheimst für das artige Kompliment: "Ohne Dessau gäbe es unser Haus und uns gar nicht."