1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Bauvorhaben: Bauvorhaben: Im alten Haus tickt eine «Zeitbombe»

Bauvorhaben Bauvorhaben: Im alten Haus tickt eine «Zeitbombe»

Von Matthias Bartl 30.07.2004, 16:27

Weißandt-Gölzau/MZ. - Stefan Bratek, Chef der VG und Hauptvertreter des Neubau-Gedankens, könnte sich zurücklehnen und die Zeit für sich arbeiten lassen. Der VG-Ausschuss hat erst jüngst das Projekt höchst offiziell beschlossen. Allerdings auch nur mit einer knappen Mehrheit. Die Gemeinden, die demnächst zur VG dazustoßen sollen, waren bei dem Beschluss überhaupt nicht gefragt worden. Dieser Umstand und weil in der Öffentlichkeit das Problem in den verschiedensten Varianten kolportiert wird, will Bratek das Öl der Sachlichkeit auf die Wellen an der Fuhne gießen.

Man solle über Fakten reden, nicht über Emotionen. "Fakt ist, dass wir einen Neubau in einer Ausbaustufe für etwa 30 Mitarbeiter beschlossen haben, der rund 800 000 Euro kosten wird", stellt der VG-Chef klar. In dieser Summe sei noch nicht ein Euro an zu erwartenden Fördermitteln inbegriffen. "Fakt ist weiterhin, dass wir in dem jetzigen Gebäude nicht mehr bleiben können", sagt Bratek.

Das so genannte Haus 1 in Weißandt-Gölzau sei eine einzige Mängelsammlung. Bereits 1998 wurde im VG-Ausschuss darauf hingewiesen, dass die Verkabelung im alten Haus erneuert werden müsse. 1999 wurde bereits über Neubau-Varianten gesprochen, die allerdings nicht weiter verfolgt wurden, der prekären Finanzlage wegen. Bratek brannte das Problem allerdings weiter auf den Nägeln, weshalb er das Thema 2001 wieder auf die Tagesordnung hob.

Nicht zuletzt, weil der EDV-Hersteller erneut gewarnt hatte: Irgendwann im Sommer 2004 werde die PC-Anlage der Verwaltung nur noch Schrott sein - mit Auswirkungen bis hin zur Arbeitsunfähigkeit der Verwaltung. Ganz abgesehen von den alten DDR-Elektrokabeln, die das Haus zu einer Zeitbombe machten und noch machen.

Nach Auskunft von Bratek habe auch der Personalrat des VG-Amtes wegen der Gefährdung der Beschäftigten schon angedroht, andere Wege zu gehen, falls nicht endlich verbesserte Arbeitsbedingungen wenigstens in Aussicht gestellt würden. "Wir hatten 2001 noch drei Jahre Zeit", resümiert Bratek. Im Spätsommer 2001 habe man daraufhin das Planungsbüro Madl eingeschaltet, um diese verschiedene Möglichkeiten zu prüfen.

Madl sollte folgende Gebäude auf ihre Nutzbarkeit hin im Vergleich zu einem Neubau untersuchen: den alten Standort mit dem benachbarten Haus 2, die leerstehende Schule in Weißandt-Gölzau, die leerstehende Sekundarschule Radegast und das leerstehende Aussiedlerheim Cösitz. "Wir wollten von allen Häusern die Vor- und Nachteile kennen", so Bratek.

Zu dem Vergleich kam es aber nicht: Am 14. November 2001 kam das Stoppzeichen. Dem VG-Ausschuss waren die Kosten für das Gutachten zu hoch. Man wollte nicht so viele Varianten und war sowieso der Meinung: Ein Neubau wird am günstigsten. Getan hat sich danach sichtbar nur wenig, mal abgesehen davon, dass Bratek nicht nur einmal im VG-Ausschuss vor den möglichen Folgen der Unentschiedenheit warnte.

Ende 2003 brachte Gölzaus Bürgermeister neue Bewegung in die Materie, indem er der VG das von ihr bereits teilweise genutzte, so genannte Haus 2 in Weißandt-Gölzau als Schenkung anbot. Was zunächst nach einer Lösung des Problems aussah, erwies sich als Flop. Eine simple Instandsetzung hätte 250 000 Euro gekostet, aber zu diesem Zeitpunkt ging es ja nicht mehr nur um die VG Anhalt-Süd in alter Dimension, sondern - in der Umsetzung der Gebietsreform - um ein Amt, das faktisch drei Verwaltungsgemeinschaften bündeln sollte.

"Und in dem Positionspapier war entschieden worden, Weißandt-Gölzau wird VG-Sitz sein. Dazu kommen zwei Außenstellen in Quellendorf und Gröbzig", erinnert Bratek an eine Grundsatzfrage. In diesem Moment war das Haus 2 viel zu klein für die Aufgaben, die das vergrößerte VG-Amt zu erfüllen hatte. "Wir haben dann eine Schätzung über die Kosten einer Sanierung und Erweiterung des Hauses 2 anfertigen lassen. Ergebnis: 1,4 Millionen Euro bei einer Ausbaustufe für 50 Mitarbeiter. Ein von der Fläche her vergleichbarer Neubau wäre 1,7 Millionen Euro teuer geworden", erinnert sich Bratek: "Das war der Moment, wo die Altbaudiskussion wieder anfing."

Man habe dann ein weiteres Mal Varianten geprüft, erinnert sich Herbert Hartung, Chef des VG-Ausschusses und Cösitzer Bürgermeister. Habe ein modularen Neubau in Erwägung gezogen. Habe nach weiteren Objekten Ausschau gehalten, etwa dem ehemaligen Firmensitz von Helin und der ehemaligen Orbita-Berufsschule - alles erfolglos, weil zu teuer und zu unsicher.

"Allein der Umstand, dass immer ein Fahrstuhl hätte eingebaut werden müssen, bringt jede Kalkulation zum Platzen." Der Königsweg für Bratek (und nicht für ihn allein) liegt im modularen Neubau. An der ehemaligen Gölzauer LPG würde die Gemeinde kostenfreien Baugrund zur Verfügung stellen. Der Neubau wäre zunächst für 30 Mitarbeiter nutzbar, aber auf 50 Mitarbeiter ausbaufähig, "falls wir weitere Aufgaben übertragen bekommen", so Bratek.

Für ein 50-Mitarbeiter-Haus lägen die Kosten bei 1,1 Millionen Euro. Noch könne man ausnehmend günstige Kredite für den Neubau bekommen und für 26 Jahre festnageln. Wenn man diese Rahmenbedingungen zugrunde lege, entstünde eine Umlage pro Kopf in Höhe von 3,74 Euro pro Jahr - ohne Fördermittel und ohne an anderer Stelle eingesparte Mieten. Alle anderen Rechenexempel, die er schon gehört und gelesen haben, seien einfach unseriös und nur dazu gedacht, Stimmung gegen einen Neubau zu machen, meint Bratek.

"Die gegen einen Neubau opponieren, wollen die gar keine Entscheidung? Oder wollen sie am Ende das Geld nur in einem anderen Ort investieren? Was letztlich darauf hinauslaufen würde, Weißandt-Gölzau als Standort der Verwaltung in Fragen zu stellen."