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Abriss für die Zukunft  Abriss in Dessau-Roßlau: Am Zoberberg verschwinden weitere Blöcke

Von Danny Gitter 03.11.2016, 05:00
In der Ellerbreite rücken bald die Abrissbagger an.
In der Ellerbreite rücken bald die Abrissbagger an. Lutz Sebastian

Dessau - Es war ein Kranfahrzeug, das vor wenigen Wochen die Aufmerksamkeit der Bewohner am Zoberberg erregte.

Telekommunikationstechnik wurde vom Dach eines Wohnblocks in der Ellerbreite entfernt. Schnell sorgte das für Aufsehen. Ein weiterer Abriss wurde vermutet. Auch in den sozialen Medien wurden daraufhin lebhafte Diskussionen über die Zukunft des einst größten Neubaugebiets Dessaus geführt.

„Ob denn hier über kurz oder lang alles platt gemacht werden soll“, fragten sich viele. „Wir werden auch künftig mit unseren Wohnungsbeständen am Zoberberg präsent bleiben“, betont Anja Passlack, Geschäftsführerin der Dessauer Wohnungsbaugesellschaft (DWG) in einem Gespräch mit der MZ.

Dessau-Roßlau schrumpft: 243 Wohnungen verschwinden

Doch kurzfristig stehen die Zeichen auf Abriss. Auch der Block in der Ellerbreite 59 bis 63, an dem die Technik vom Dach entfernt wurde, wird noch in diesem Jahr abgerissen, zusätzlich noch drei weitere Blöcke im Schochplan.

Dort, im Schochplan 36 bis 39, wo im Sommer die „Rosen-Apotheke“ ihre Geschäftsräume nach 25 Jahren aufgab, werden die Abrissbagger ebenso anrücken, wie in den zwei benachbarten Blöcken mit den Hausnummern 35 bis 27. Insgesamt weitere 243 Wohnungen verschwinden damit. Bereits zuvor wurden seit 2013 vom größten städtischen Vermieter 418 Wohnungen im Neubaugebiet im Dessauer Westen zurückgebaut. „Wir reagieren damit auf langfristige Entwicklungen“, sagt die DWG-Geschäftsführerin.

Dessau-Roßlau ist eine alternde und schrumpfende Stadt. Das hat sich in den vergangenen Jahren vor allem auch an der Peripherie, wie am Zoberberg oder in Dessau-Süd bemerkbar gemacht. „Zuletzt hatten wir in verschiedenen Wohnblöcken am Zoberberg einen dauerhaften Leerstand von etwa 42 Prozent, mit steigender Tendenz“, resümiert Passlack.

Diese Faktoren führten zum Leerstand

Auf Dauer waren die Objekte damit nicht mehr marktfähig. Argumente von Bewohnern, eine sehr gute Infrastruktur mit Kita, Schulen, ärztlicher Versorgung, Straßenbahnanschluss und vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten durch den Junkerspark vor der Tür zu haben, kann die DWG-Geschäftsführerin nachvollziehen. Doch die meisten Mietinteressenten ihres Unternehmens kann das nicht überzeugen. „Ein sehr großer Teil unserer Neukunden orientiert sich auf die innerstädtischen Wohnquartiere und lehnt Angebote in anderen Stadtteilen, die weiter draußen liegen, ab“, so Passlack.

Zudem entsprachen die meist unsanierten Wohnungen auch vom Wohnkomfort her nicht den modernen Ansprüchen potenzieller Mieter. Bei Investitionen hat sich die DWG aber bewusst zurückgehalten. „Ein Großteil der Mieter äußerte schon vor Jahren Bedenken, höhere Mieten durch Sanierungen sich nicht leisten zu können“, sagt Walter Matthias, der DWG-Pressesprecher.

So kommen viele Faktoren zusammen, die letztendlich zum hohen Leerstand und damit zum großflächigen Abriss geführt haben.

Doch das ist nur eine Seite der Entwicklung. 535 Wohnungen wird die DWG nach dem bevorstehenden Abriss am Zoberberg noch im Bestand haben. Darunter sind vor allem auch Wohnblöcke, die erst nach der Wende errichtet wurden oder sanierte Fassaden und Aufzüge haben. „In diesen Objekten haben wir bisher einen guten Vermietungsstand“, sagt Anja Passlack. Sie ist gespannt, ob der sich auf lange Sicht auch halten wird.

Wohngebiet soll aufgewertet werden

Nicky Meißner, Vorstandsmitglied der Wohnungsgenossenschaft, dem zweiten großen Vermieter am Zoberberg, ist in dieser Hinsicht optimistisch. „Wir sind uns sicher, dass dieses Wohngebiet auch in Jahrzehnten weiter vielen Menschen ein lebenswertes Zuhause bietet“, so Meißner.

Fast ein Viertel ihres gesamten Dessauer Wohnungsbestandes hat die Genossenschaft am Zoberberg. Über 4 Millionen Euro wurden in den vergangenen sechs Jahren am Standort investiert. Das hat sich für das Unternehmen ausgezahlt. 94 Prozent der 911 Wohnungen seien vermietet.

Meißner sieht im großflächigen Abriss der DWG langfristig eine Aufwertung des Wohngebiets. „Die leeren Wohnblöcke waren ein gruseliger Anblick. Durch den Abriss wird der Blick auf die modernisierten Wohnhäuser und die grünen Innenhöfe frei“, sagt das Vorstandsmitglied. Ganz spurlos ist der demografische Wandel auch an der Wohnungsgenossenschaft nicht vorbeigegangen. 120 Wohneinheiten im Schochplan wurden im vergangenen Jahr abgerissen. Ein seit Jahren leerstehender Block in der Ellerbreite 28 bis 31 wird in diesem November zurückgebaut. Weitere Abrisse sollen jedoch in absehbarer Zeit nicht folgen. (mz)

Nach 25 Jahren musste die „Rosen-Apotheke“ im Schochplan  ihre Räume aufgeben.
Nach 25 Jahren musste die „Rosen-Apotheke“ im Schochplan  ihre Räume aufgeben.
Lutz Sebastian