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Leere Innenstadt Leere Innenstadt: Gespenstische Leere zwischen Sandsäcken

Von Brigitte Mittelsdorf 16.08.2002, 20:10

Bitterfeld/MZ. - Die Kreisstadt eine Gespensterstadt. Alle Läden ausnahmslos geschlossen. Mit Sandsäcken abgedichtet, mit Folien verklebt. Nur Schilder erinnern an einstige Normalität: Caipirinha lockt, Eis-Tee. Doch jetzt schenkt keiner mehr Getränke aus in den Eisdielen der Mühlstraße.

Einer der letzten scheint Hans-Jürgen Glocke zu sein. Zusammen mit Azubi Felix Dorn und Mitarbeiterin Rita Mann räumt er den "Unmöglichen Laden" in der Burgstraße auf. "Wir räumen alles nach oben", sagt er, "rechnen mit einem Meter Wasser." Die Sandsäcke, die sich vor der noch geöffneten Tür stapeln, hat er aus Leipzig geholt.

Wer an diesem heißen Tag Durst oder Hunger bekommt, hat keine Chance. "Frischer Speckkuchen" steht auf dem Schild einer geschlossenen Bäckerei. Auch die Gaststätten der Innenstadt sind geschlossen. Das Sanitätshaus am Ratswall ist komplett leer geräumt, nur ein Globus hängt an einem künstlichen Zweig und zeigt die Wasserflächen der Erde. Keine Kunst gibt es zu betrachten in der Bitterfelder Galerie, aus der Musikschule dringt kein Ton. Und auch das Museum am Markt ist verwaist. Hier wurden schon Tage zuvor die Kellerdepots geräumt.

Gespenstische Stille auch in den Straßen um den Bahnhof. Hier fahren nur noch die Kipper und Transporte aus der Mittelstraße die Sandsäcke hin zur Goitzsche. Die Taxifahrer Eckhard Böhm und Hartmut Mirke fahren Leute "die aus Bitterfeld raus wollen". Im Bahnhof selbst ist alles geschlossen. Auch die Service-Schalter der Bahn. "Wegen Havarie" steht dort. "Die ausgehängte Servicenummer ist ständig besetzt", schimpfen die Leute. Viele gehen ins benachbarte Auskunftsbüro des Landkreises. Dort sitzt Rene Trenkler. Über Busse und Sehenswürigkeiten soll er eigentlich informieren. Aber über die Bahn? "Ich kann in deren Computernetz", sagt er. "Ich kann sehen, wann Züge fahren. Aber ob sie fahren, das weiß ich nicht."

Ferat Sosun und Kaya Yavuz vom gegenüberliegenden Bistro Dilan sind gerade dabei, das Geschäft zu schließen. "Wir gehen wieder Sandsäcke stapeln an der Goitzsche" sagen sie. Und irgendwann drei junge Leute mit Schaufeln über der Schulter. Susanne und Johanna Ilse aus Zörbig und Michael Hoffmann aus Berlin haben am Kaufland Sand in Säcke geschippt. Jetzt gibt es dort keinen Sand mehr. "Vielleicht", sagen sie, "braucht man uns an der Goitzsche.