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Kunst zum Nachdenken Kunst zum Nachdenken: Anja Warzecha stellt Werke in Bitterfeld aus

Von Christine Färber 08.11.2019, 10:29
Diese große Arbeit von Anja Warzecha trägt den Namen „Flyt“. Interpretieren muss es jeder für sich selbst.
Diese große Arbeit von Anja Warzecha trägt den Namen „Flyt“. Interpretieren muss es jeder für sich selbst. André Kehrer

Bitterfeld - Nach den Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Joachim und Holger John aus Dresden ist nun wieder Farbe eingezogen in die Galerie am Ratswall in Bitterfeld. Anja Warzecha, die aus Bochum stammt, bringt sie mit ihren Bildern mit. Vor allem mit ihren großformatigen. Einige davon sind bereits während ihres Studiums an der halleschen Burg Giebichenstein, der Hochschule für Grafik und Design, als Diplomarbeit entstanden.

Im Laufe der Jahre hat sich die Farbigkeit gewandelt. Die, wie sie es selbst nennt, „überzogenen Kontraste“ haben sich aufgelöst, sind weicher geworden. „Ich hab Abstand gewonnen von den Schreifarben“, sagt sie. „Ich glaube, mit der Zeit lernt man, stärker zu differenzieren. Es funktioniert auch so, die Farben zum Strahlen zu bringen, den Blick zu lenken.“

Anja Warzecha rückt die Collage in den Mittelpunkt ihrer Kunst. Weil sie die interessant und spannend findet. Und weil sie selbst immer auf der Suche ist, eigene Wege zu finden.

Besucher sollen sich mit der Kunst auseinandersetzten

Galerist Ralph Becker erkennt genau das in ihren Arbeiten. Und findet genau das wichtig. Besucher sollen sich auseinandersetzten mit Kunst, sie sollen nachdenken, diskutieren. „Der fantastische Moment spielt eine wichtige Rolle“, sagt er. „Etwas zwischen Traum und Wirklichkeit. Sie ist auf der Suche nach neuen, modernen Formen - ähnlich wie Martin Schuster aus Leipzig, der hier vergangenes Jahr unter ,Disco Apocalyptic’ ausgestellt hat.“

Collage, das ist für Anja Warzecha nicht das herkömmliche Zusammenkleben verschiedener Elemente auf eine Unterlage. „Ich will den Collage-Effekt in der Malerei“, sagt die 30-Jährige. „Und das funktioniert gut für mich.“

Dazu trägt sie unterschiedlich viele Farbschichten - manchmal bis zu 15 und die teils aus unterschiedlichem Material, wie Acrylfarbe, Öl, Kreide etc. - übereinander auf, weißt Flächen, nimmt Farbe weg, fügt neue hinzu, lässt Abrisskanten entstehen. Und weil sie es schade findet, dass man auf Papier oder Leinwand nie diese Schichten erkennt und sieht, sind auch Bilder auf Plexiglas entstanden. Hier kann man die einzelnen Gläser ineinanderschieben, so dass immer wieder Neues herauskommt. Eins, das in ihrem Atelier in Halle steht, ist gar begehbar. Auch ganz eigene Spiele hat sie entwickelt.

„Das, was ich wie ausdrücken will, das muss fürs Ganze gelten“

Die Bilder - das sind hier in Bitterfeld vor allem fantastische Pflanzen und Landschaften, Architektur - tragen Namen wie „Trawehl“, „Gran“ oder „Flyt“. Es sind Kunstnamen, die sich zusammensetzen wie die Bilder, die aus imaginären Bruchstücken zu bestehen scheinen. Doch sind es keine zufälligen Bruchstücke, die die Bilder ausmachen. Anja Warzecha sagt: „Die Bilder entstehen zwar ohne Plan, also beim Arbeiten. Aber ich kann mit dem Material umgehen, weiß, wie es sich verhält. Das macht schon Spaß. Manchmal geht es auch schief ...“, meint sie, hebt die Hände und lacht.

„Das, was ich wie ausdrücken will, das muss fürs Ganze gelten.“ In ihren Bildern setzt sie sich auseinander mit verschiedenen Kulturen, immerhin hat sie für jeweils längere Zeit in Korea gelebt, in Nepal, in Taiwan. Typische Elemente, Strukturen, Erinnerungen spielen wieder und wieder eine Rolle, gleich, ob es Landschaft ist oder Architektur.

Anja Warzecha hat ein Stipendium der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt erhalten

Insbesondere die kleineren, zurückhaltend farbigen Bilder, die neben dem 5,40 mal 2,20 Meter großen Blickfang „Flyt“ bestehen, erlauben dem Blick zu ruhen. Sie entwickeln gegenüber den großen Arbeiten durchaus ihr Eigenleben, sind spannend und die Fantasie anregend, wenn man sich auf sie einlässt. „Die Farbe verfolgt jetzt einen anderen Zweck“, sagt die Künstlerin. „Hab ich früher Balance über die Farbe erzielt, erreiche ich das jetzt über die Komposition.“ Das alles sei auch immer wieder so was wie ein Experiment.

Anja Warzecha hat ein Stipendium der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt erhalten und sich ein neues Thema gewählt: Fassaden in Neubaugebieten. „Mir geht es um die Frage: Wie viel und was gibt man von sich preis, zeigt es - im Fenster, im Garten etc. - nach außen? Das tut man ja mit Absicht.“ (mz)

Ralph Becker und ein Orientierungsspiel von Anja Warzecha
Ralph Becker und ein Orientierungsspiel von Anja Warzecha
André Kehrer
Transparenz per Plexiglas
Transparenz per Plexiglas
André Kehrer