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"Hemd&Hose" geschlossen "Hemd&Hose" geschlossen: 15 Jahre betreute Petra Baier den Shop in Wolfen-Nord

Von Andrea Dittmar 06.01.2021, 11:00
Die Regale und Kleiderständer im DRK-Shop „Hemd&Hose“ hat Petra Baier immer gern mit neuen Sachen bestückt - nun wird ausgeräumt.
Die Regale und Kleiderständer im DRK-Shop „Hemd&Hose“ hat Petra Baier immer gern mit neuen Sachen bestückt - nun wird ausgeräumt. André Kehrer

Wolfen - Verkäuferin, Stilberaterin, Kummerkasten: Wer in einem kleinen Laden arbeitet, hat oft mehr als einen Job. Petra Baier weiß das. Die 66-Jährige hat 15 Jahre lang den Shop „Hemd&Hose“ des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Wolfen-Nord geführt, der am 31. Dezember geschlossen wurde.

Dass der Laden schließen wird, stand schon etwas länger fest, denn die Genossenschaft renoviert die Wohnblöcke. Doch auch die Corona-Pandemie hat ihren Anteil daran. Und deswegen war schon am 15. Dezember der letzte Tag, an dem der Kleidershop geöffnet hatte.

„Meine Kunden bedauern es sehr, denn der Laden lag sehr zentral“, sagt Petra Baier, die auch ein Wolfener Kind ist. Die Kundschaft, die sich verabschieden wollte, hatte sich am letzten Tag quasi die Klinke in die Hand gegeben, um Abschied zu nehmen. Sekt und Stolle gab es für die gute Seele.

Der Laden war 2005 als Pilotprojekt gestartet

Der Laden war 2005 als Pilotprojekt gestartet: Hier sollte es gut erhaltene Kleidung aus zweiter Hand für einen schmalen Taler geben. Petra Baier engagierte sich zu der Zeit beim DRK, arbeitete allerdings in der Kinder- und Jugendbetreuung. Die gelernte Erzieherin erklärte sich bereit, „Hemd&Hose“ gemeinsam mit einer Kollegin zu starten. „Das Projekt musste sich wirtschaftlich immer selbst tragen“, sagt Petra Baier.

Jeder konnte zu ihr kommen, wenn er oder sie neue Sachen brauchte. Viele gespendete Kleidungsstücke seien einfach zu gut für die Container gewesen. Ob vererbte Aussteuer, Wolle oder eine passende Bluse: Im „Hemd&Hose“ war alles vorrätig. „Neue Kunden habe ich erst einmal in Ruhe schauen lassen, bevor ich meine Hilfe angeboten haben“, erinnert sich Petra Baier.

Bei ihrer Stammkundschaft hingegen legte sie die Sachen weg, von denen sie wusste, dass diese Gefallen finden würden. Und sparte dann auch nicht mit einer kleinen Stilberatung. Wenn es gewollt war. „Es war eine Gratwanderung zwischen dem, was gerade modern ist und was den Kunden steht“, sagt sie - am Ende entschieden aber immer die Kunden.

Keines der Kleidungsstücke wird verloren gehen, stattdessen finden sie einen neuen Platz

Ihr Interesse an Mode hatte sich auch durch die Arbeit immer weiter entwickelt. „Ich habe auch selbst Sachen im Laden gekauft und bei vielem gedacht: Das ist wirklich hübsch, warum kauft das keiner?“ Beim Zusammenpacken, das bis Ende Januar erledigt sein soll, werden viele Ehrenamtliche vom DRK mit anpacken. „Es kommt einiges zusammen.“

Keines der Kleidungsstücke wird verloren gehen, stattdessen finden sie einen neuen Platz in der Kleiderkammer des Roten Kreuzes. Dort wird auch Petra Baier noch einige Stunden arbeiten. „Ich kann noch nicht aufhören. Der Laden war Arbeit und doch hat es Spaß gemacht.“ Und auch die Stammkunden haben versprochen, Petra Baier die Treue zu halten.

Nur zu Hause sitzen, wäre für die 66-Jährige auch nichts

Doch nur zu Hause sitzen, wäre für die 66-Jährige auch nichts. Sie will sich um ihre Mutti kümmern, die ebenfalls in Wolfen wohnt. Ihr Mann sei ebenfalls schon Rentner, sagt Baier. „Aber ich war schon immer viel unterwegs und aktiv. Mein Mann kennt das“, sagt Petra Baier lachend.

Die vielen netten Gespräche mit den Kunden werden ihr fehlen und die Diskussionen, die sich gar nicht immer nur um Mode drehten. Für die Erinnerung ist sie dankbar, genauso wie für die Unterstützung durch die Genossenschaft WGW. (mz)