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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Weiter in Wartestellung

Von DETMAR OPPENKOWSKI 11.01.2011, 16:54

JESSNITZ/MZ. - Die Wände und Tische der Wasserwehr Jeßnitz sind gespickt mit Karten und Dokumentationen. Ob der Aufbau der Deichanlage im Querschnitt, eine Hochwasserschutzkonzeption für die Mulde oder die aktuellen Pegelstände - hier gibt es nichts, was die 17 Kameraden nicht im Blick hätten.

Doch das wichtigste für die Lageeinschätzung sind nach wie vor die reglemäßigen Kontrollfahrten. Und so rüstet Wehrleiter Matthias Hinsche kurz nach Mittag den blauen Transporter und fährt die Deichanlage um Jeßnitz, die den Stadtkern seit Ende vergangenen Jahres wie ein Kessel umschließt, ab. "Wir haben jetzt die Alarmstufe I. Dennoch achten wir bei der Patrouille auf die Wasserstände an den Kontrollpunkten und auf den Zustand der Deiche." Dafür ist Erfahrung notwendig.

Doch die bringt Hinsche mit. Nicht nur, weil er beim Jahrhunderthochwasser 2002 tatkräftig mit zupackte, sondern vor allem, weil er zur ersten im Jahr 2003 gegründeten Wasserwehr im Land Sachsen-Anhalt gehört. "Das Hochwasser stellt sich in Jeßnitz immer wieder ein. Das ist alles kein Problem solange der Deich intakt ist", sagt Hinsche während der einstündigen Kontrollfahrt. Auch die aktuelle Entwicklung gebe vorerst Anlass zur Beruhigung. "Bei etwa 1,34 Meter über Normal hat sich das Wasser eingepegelt", sagt er. Am Vortag waren es noch 1,38 Meter an der Messstelle Mühlenbrücke in Jeßnitz.

Die Gelassenheit, die Hinsche ausstrahlt, wohnt auch anderen Jeßnitzern inne. Etwa Bernd Spiesbach und Annette Wieland. Beide sind Mitglieder bzw. Mitarbeiter des Kanu Clubs Jeßnitz / Anhalt. Und obwohl sich die Mulde bis an die Mauern des Vereinsgebäudes ausgedehnt hat - normalerweise gibt es hier noch einen 15 Meter breiten Grünstreifen - ist von Aufgeregtheit nichts zu spüren. "Wir leben mit dem Wasser", sagt Annette Wieland. Seit 1957 ist sie Vereinsmitglied und hat schon viele Hochwasser hier miterlebt. "Dieses ist bisher nicht anders als andere auch." Dem stimmt Trainer Spiesbach zu. "Aus unserer Sicht ist alles noch normal." Und auch der Trainingsbetrieb - im Winter ausschließlich an Land - gehe seinen gewohnten Gang.

Dennoch ist man in der Zentrale der Jeßnitzer Wasserwehr weiter auf der Hut. "In den nächsten Tagen soll es wieder regnen. Wir müssen schauen, welche Folgen das für uns haben wird", so Hinsche. Doch die Frage, wie sich der Regen auf die Hochwassersituation auswirken wird, kann derzeit auch Peter Hasdorf nicht endgültig beantworten. Er ist Hydrologe beim Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt und sagt: "In der zweiten Wochenhälfte ist mit einem deutlichen Temperaturanstieg sowie in Menge und Verteilung derzeit nicht abschätzbaren erneuten Niederschlägen zu rechnen." Somit sei eine genaue Vorhersage der abflusswirksamen Abtau- bzw. neugefallenen Niederschlagsmengen und den damit zu erwartenden erneuten Anstiegen der Wasserführungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. "Es gleicht also einer Preisfrage, wie sich die Temperaturen entwicklen und wo es wie lange und wie viel regnen wird." Man könne also zwar von einer vorübergehenden Beruhigung, aber nicht von einer generellen Entspannung sprechen. "Daher sind auch wir weiter in Wartestellung", so Hasdorf.