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Salzlandkreis Salzlandkreis: Flunkerei endet mit Überraschung

Von SUSANNE WEIHMANN 31.08.2010, 16:30

BERNBURG/MZ. - Der Plan, den Katrin Wahle und die anderen Schwimmer aus Nienburg geschmiedet hatten, war ganz schön gewieft. Der war so schlau durchdacht, dass die Hauptperson nichts mitbekam. Sie hatten Lothar Galonska einfach erzählt, es gebe eine Ausstellung bei Solvay und ihm eine Einladung zukommen lassen. Dabei war das eiskalt gelogen. Die Ausstellung hatte nämlich nichts mit dem Sodawerk zu tun, sondern mit der Trainerlegende selbst. "Wir mussten ein bisschen schwindeln", gibt Katrin Wahle zu. Schließlich sollte es doch eine Überraschungsfeier für den langjährigen Trainer und Schwimmmeister in Nienburg sein, und da muss so ein bisschen Flunkern schon mal erlaubt sein.

Lothar Galonska stiegt also am Samstag nichts ahnend zu Frank Zutz ins Auto. Der chauffierte den Trainer schließlich zur Bernburger Feuerwehr zu einer Ausstellung, die ganz allein ihm gewidmet war. In 40 Jahren Schimmsport kommt schließlich auch so einiges zusammen. Und bei der Feuerwehr erwarteten ihn auch viele bekannte Gesichter und so langsam dämmerte Galonska, dass die Geschichte mit Solvay nur vorgeschoben war. "Da ist es mir wie ein Schleier von den Augen gefallen", erzählte Galonska später, der aber in jenem Moment, als er aus dem Auto stieg, trotz seiner dunklen Brillengläser seine Rührung nicht verbergen konnte. Mit Blumensträußen und anderen Aufmerksamkeiten dankten sie ihm für sein Engagement. "Ohne dich läuft hier nichts", sagte Birgit Hohmann, die stellvertretende Vorsitzende der Abteilung Schwimmen des FSV Nienburg. Zuvor war Galonska bereits auf der Jahresversammlung des Landesschimmverbandes mit der Silbernen Ehrennadel des Deutschen Schwimmverbandes geehrt worden.

Er habe die Trainer nicht nur immer unterstützt, sagte Hohmann. Er habe es auch immer geschafft, sie zu motivieren, etwas für ihre Kinder zu tun, sie mit zum Schwimmen zu bringen oder selbst Trainer zu werden. "Du schaffst es immer", bemerkte Hohmann anerkennend. Auch Katrin Wahle verneigt sich vor der Trainerlegende. "Er ist einfach Nienburger Schwimmsport", sagte sie. Zumal er im dortigen Freibad auch viele Jahre als Schwimmmeister arbeitete. Überhaupt sei er aus dem Nienburger Schwimmbad "gar nicht wegzudenken", sagte auch Nienburgs Bürgermeister Markus Bauer. "Er ist in Nienburg eine Institution."

Katrin Wahle beschreibt ihn als Menschen, der seine Meinung vertritt und "der für alle das beste herausholen will". "Lotte", wie er liebevoll von ihr genannt wird, sei gleichzeitig Vater, Opa und Freund. "Wir sind wie eine Familie." Zwar habe sie selbst nicht bei ihm Schwimmen gelernt, ist aber durch ihren Mann und ihre Tochter zum FSV gekommen. Und sie hat genug Kinder erlebt, denen Lothar Galonska beigebracht hat, sich über Wasser zu halten. Viele habe er gar bis ins Erwachsenenalter hinein begleitet, erzählte Wahle. Als Trainer und Schwimmmeister sei er stets fürsorglich, ruhig und geduldig mit ihnen umgegangen. "Wie ein Vater, der sich liebevoll um seine Kinder kümmert", sagte Wahle.

In einem früheren Gespräch, im Juli 2003, hat er einmal einen Trick verraten, wie er den Anfängern die Angst vor dem Wasser nimmt: Er lasse sie einfach ins Wasser springen. "Dann merken sie: Ich komme wieder hoch", sagte er damals im MZ-Gespräch. Noch heute steht der 74-Jährige beinahe täglich am Beckenrand. "Das Wasser lässt mich einfach nicht los", sagt Galonska. Nur mittwochs habe er trainingsfrei, sagt der 74-Jährige, der der beste Beweis dafür ist, dass Sport jung hält. Sein Alter jedenfalls sieht man ihm nicht an. Neben seiner Trainertätigkeit ist er noch heute Abteilungsleiter. Eine Aufgabe, die doch einige Zeit in Anspruch nehme und die er in nicht allzu ferner Zukunft gerne an einen Nachfolger abgeben würde, wie er sagt.

Der gebürtige Oberschlesier kam selbst erst sehr spät zum Schwimmen. Schließlich habe es so etwas wie Schwimmunterricht während seiner Schulzeit nicht gegeben. "In einem Teich habe ich es mir irgendwie so ein bisschen selbst beigebracht", erzählt er. Aber bereits als Kind war Galonska in seiner damaligen Heimat in Oberschlesien als Wasserballer im Verein "Start Bytom" aktiv. Während seiner Lehrzeit sei er dann aktiver Schwimmer geworden, und später, nach seiner Armeezeit in Polen, habe man ihn überredet, als Schwimmtrainer zu arbeiten. 1970 kam Galonska nach Nienburg und wurde 1971 Leiter der Abteilung Schwimmsport der BSG Aufbau. Er machte sein Hobby zum Beruf und war fortan nicht nur als Trainer sondern auch als Schwimmmeister tätig. Als die Familie nach Deutschland ging, habe seine Frau ja so ein bisschen gehofft, er würde seine Schwimmlehrertätigkeit hier aufgeben, blickt Galonska zurück. Aber sehr bald habe sie eingesehen, dass er "davon nicht lassen kann". Er habe noch die höchste Stufe B in Weißenfels abgelegt und war auch als Kampfrichter aktiv. Die Liste der Erfolge seiner Schützlinge, von denen natürlich auch viele zur Überraschungsfeier gekommen waren, in all den Jahrzehnten ist lang und sind keinesfalls auf einer Zeitungsseite unterzubringen.

"Alle haben dicht gehalten. Keiner hatte auch nur einen Mucks gesagt", sagt Galonska im Nachhinein. Natürlich konnte er den Aktiven des FSV Nienburg, Abteilung Schwimmen, und allen anderen, wie seinen beiden Kindern, die von der Überraschung wussten, nicht Böse sein.

Innerhalb von sechs Wochen habe man die Pläne für diesen Empfang geschmiedet, erzählte Wahle, die auch selbst Grund zum Feiern hatte, denn sie wurde am gleichen Tag für ihr Engagement vom Landesschwimmverband ausgezeichnet. Es wurden heimlich alte Fotos, eine Anzeige mit alten Rekorden, Schwimmhilfen und anderes mehr aus dem Nienburger Schwimmbad entfernt. Aber nur so viel, dass es dem Geehrten nicht auffiel. Schließlich kennt er das Bad in- und auswendig. Zudem mehrere dicke Fotoalben, gefüllt mit alten Aufnahmen und Zeitungsausschnitten. Die Sammlung soll nun im Jugendclub untergebracht werden, kündigt Wahle an. Zudem hofft sie, dass er den Nienburger Schwimmern noch lange erhalten bleibt.