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Bernburg Bernburg: Viel Applaus für die Spielfreude der Darsteller

Von KATRIN BOESE 23.01.2011, 18:01

BERNBURG/MZ. - Es war durchaus ein schwieriges Stück, das die Gymnasiasten der Theatergruppe Carolinum da angepackt hatten - "eines der anregendsten und fesselndsten aller Stücke, die seit dem Zweiten Weltkrieg geschrieben worden sind", so einst das Urteil der New York Times. Am Donnerstag erfuhr die tragische Komödie "Der Besuch der alten Dame" von Friedrich Dürrenmatt im vollbesetzten Bernburger Theater ihre Premiere.

Viele Angehörige und Freunde fieberten mit, als die Gymnasiasten nach langer, aufwändiger Probenarbeit unter Leitung von Theaterpädagogin Ines Trumpler-Schwitkowski und Deutschlehrerin Birgit Riesner auf der Bühne standen. Um es vorwegzunehmen: Die Vorstellung zog in den Bann. So, wie es sich die jungen Darsteller erhofft hatten und eine Schülerin am Ende in ihrer Dankesrede an alle, die an der gelungenen Aufführung beteiligt waren, aussprach. Was sie noch verriet: Erst nach und nach habe die Schüler Dürenmatts Theaterstück bei den Proben in den Bann gezogen.

Das "nach und nach" verwundert nicht: Sehr junge Darsteller müssen die Gefühlswelt von Figuren erfassen, die ihr Leben gelebt - und vertan haben. Was nicht gerade leicht ist für einen jungen Menschen. Umso größer der Respekt, den man allen jungen Darstellern - 34 an der Zahl - für ihren Mut und ihre Spielfreude zollen muss. Ines Trumpler-Schwitkowski wählt wie stets mit glücklicher Hand bei der Besetzung der Hauptrollen die Besten im Darsteller-Team. Tatjana Griniwa ist die ideale Besetzung der Claire Zachanassian, die die Gerechtigkeit fordernde Milliardärin siegessicher und mit lakonischer Verachtung spielt, wissend: Mit Geld kann man alles kaufen, auch Menschen.

Ihr ebenbürtig ist Marius Lenhart als Alfred Ill, der seine Jugendliebe Claire für Geld verriet und ins Unglück stürzte. Nun ist Claire gekommen, um mit ihrem Geld die bankrotte Gemeinde Güllen zu sanieren - zu ihren Bedingungen: Ills Ermordung. "Die Welt machte mich zu einer Hure, nun mache ich die Welt zum Bordell." Ihr Rachefeldzug soll gelingen. Ein Sog entfaltet sich, dem man sich kaum entziehen kann. Unter dem bequemen Deckmantel der moralischen Entrüstung über Ills Verrat an Claire folgen die Güllener Bürger dem Lockruf des Geldes - Ill wird zum Gejagten.

Auf der Bühne findet die Regisseurin dafür entsprechend Bilder. Plötzlich tragen die zuvor grau und farblos anmutenden Frauen Seidenblusen und goldene Schuhe. Auch Güllen gewinnt an Farbe. Doch die harten Apocalyptica-Klänge zwischen den Szenen machen deutlich, dass der neue Wohlstand hart erkauft ist: Der Preis dafür ist ein Menschenleben. Das Gemeindegericht verurteilt Alfred Ill als schuldig. Als Geläuterter lässt Ill sich willig ermorden. Tosender Applaus für ein Stück voll hoher Anforderungen, das die jungen Leute einfühlsam und mit Theaterbegeisterung auf die Bühne brachten.