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Zwölf Quadratmeter Karneval

Von SUSANNE THON 10.11.2008, 16:38

ASCHERSLEBEN/MZ. - Hans-Ulrich Lotz kennt dieses "Warten". Aber wenn es dem Ascherslebener zu lang wird, dann braucht er nur den an die Stube seiner Wohnung angrenzenden Raum zu betreten. Sein Heiligtum quasi - etwa zwölf Quadratmeter, die vollgestopft sind mit allem, was den Karneval ausmacht, gespickt mit jeder Menge lebendiger Erinnerungen. Auch wenn seine Frau ob der vielen "Staubfänger" dann und wann "schimpfe", eine persönliche Herzensangelegenheit war es schon, solche Kammer anlässlich seines 40-jährigen Karnevalsdaseins einzurichten.

Knapp 400 Karnevalsorden zieren die Wände, Bücher, Fahnen, Bänder, Figuren, Anstecknadeln und Fotos erzählen hauptsächlich die Geschichte des Kölner Karnevals, speziell die der Karnevalsgesellschaft "Die Grosse von 1823", mit der Lotz seit 1994 verbunden ist. Man könne nicht alles sammeln, "irgendwann hört's auf", meint er. Hat sich genau aus diesem Grund Jahreszahlen gesetzt. So habe er die Orden der "Grossen" seit 1950, seinem Geburtsjahr, komplett, der Prinzengarde verschreibe er sich seit 1970, dem Jahr, in dem alles seinen Lauf nahm, dem Festkomitee seit 1975, als er geheiratet hat, und den "Blauen Funken" seit 1989, dem Wendejahr. In seiner Sammelleidenschaft wird Lotz unterstützt - von Freunden, von der Karnevalsgesellschaft, ja, sogar vom Karnevalsmuseum in Köln.

Aber auch der eine oder andere Ascherslebener findet sich wieder in seiner privaten Schau. So hat Lotz, der nach seiner Tätigkeit im Ascherslebener Carnevalsclub (ACC) als Prinz, Hofmarschall, Vizepräsident und Vorsitzender jetzt noch im Elferrat fungiert, ein Relikt aus den Rosenmontagsumzügen der 50er Jahren gerettet. Nachdem die Figur des Schusterjungen vom Festwagen verschwunden war, jahrelang als Schaufensterdekoration gedient hatte und kurz vor ihrer Entsorgung stand, hat er sie direkt bei sich einziehen lassen. Jetzt steht sie da auf dem Schrank, beäugt die Asservatenkammer schelmisch.

In der Zeit als noch des Schustersjungens große Stunde schlug, da wurden auch die ersten Bande zwischen den Ascherslebener und Kölner Karnevalisten geknüpft. "Bekannte Büttenredner und Sänger haben sich hier die Klinke in die Hand gegeben", so der Karnevalist. "Mit dem Mauerbau zerbrach das allerdings." Jahre später zum 25. Jubiläum des ACC 1993 sollte der Kontakt wieder hergestellt werden. "Die Liebe zu Köln, die Liebe zum Karneval" sei ja nie eingeschlafen. Was folgte, war die erste Prunksitzung in der Rheinmetropole. Und einmal "Kölle", immer "Kölle" ist Lotz seitdem jedes Jahr dabei. Seit 1998 vertritt er als Senator "Die Grosse von 1823" in Aschersleben und Umgebung. Und hat sich Verstärkung mit ins Boot geholt. Mit Andreas Rossa, ebenfalls ACC-Mitglied, und dem Sitzungsleiter des Quenstedter Karnevalsclubs Thomas Dombrowski. Stolz auf die "kleine Dependance" aus der ältesten Stadt Sachsen-Anhalts, die sich schon in der heute startenden Session um einen Senator vergrößert, ist auch Günther Radajewski, Senatspräsident der "Grossen von 1823", deren Prunksitzung am 14. Januar stattfindet - im Gürzenich-Festsaal, "der guten Stube Kölns". "Da wird alles dabei sein, was Rang und Namen hat", fiebert Lotz dem Großereignis entgegen. Doch bis dahin heißt es erst einmal noch warten. Genauso wie seine Sonderausstellung auf den Gegenbesuch des Senatspräsidenten aus Köln, der sich über die enge Zusammenarbeit mit den Freunden der "Grossen von 1823" freut, warten muss. Denn was ein echter Karnevalist ist, der hat in der fünften Jahreszeit sowieso alle Hände voll zu tun.