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Salzland-Kliniken Salzland-Kliniken: Krankenhäuser in Aufregung

Von Kerstin Beier und Marko Jeschor 19.12.2012, 20:11

Aschersleben/MZ. - Sie gehört zu denen, die am Dienstagabend in einer Betriebsversammlung davon erfahren haben, dass 360 Mitarbeiter an den vier Ameos-Standorten Aschersleben, Staßfurt, Bernburg und Schönebeck (Salzlandkreis) im Januar ihre Kündigung bekommen sollen. Sie und ihre Kolleginnen gehören zu der Berufsgruppe, die die Kündigungswelle am härtesten treffen würde. Denn ein von der Gewerkschaft Verdi gefordertes Gutachten hatte festgestellt, dass es vor allem im Pflegebereich zu viel Personal gibt.

Der Schweizer Gesundheitsdienstleister hatte die ehemals kommunale und hoch defizitäre Krankenhaus-Holding erst im April dieses Jahres gekauft. Regionalgeschäftsführer Kai Swoboda bezeichnete die geplante Entlassung als notwendigen Schritt, um „die Zukunft aller vier Standorte zu sichern“, weil das Ziel einer solidarischen Arbeitszeitverkürzung bis zum Jahresende nicht erreicht worden sei.

Bis zur Privatisierung hatten die Kliniken im Salzlandkreis ein Defizit von mehr als 51 Millionen Euro angehäuft. Bis heute ist der Schuldenberg nicht kleiner geworden. Gleichzeitig kritisierte Swoboda die Haltung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die bisher nicht an den Verhandlungstisch gefunden habe, um über eine angestrebte Arbeitszeitreduzierung bei entsprechenden Lohnkürzungen zu reden.

Gewerkschaftssekretär Jens Berek weist diesen Vorwurf zurück. Die erste Verhandlungsrunde sei für Mitte Januar vorgesehen. Derzeit sei man dabei, die Mitarbeiter zu befragen, ob sie die Lohnkürzungen akzeptieren würden. Berek glaubt, dass Ameos die Mitarbeiter zwingen will, Einzelverträge abzuschließen. Damit hätte Verdi keinen Einfluss mehr.

Derweil ist die Bestürzung im Salzlandkreis groß. Sowohl Landrat Ulrich Gerstner (SPD) als auch Helmut Zander, SPD-Fraktionschef im Kreistag und Mitglied im Regionalbeirat der Klinik, appellieren an beide Seiten, Verhandlungen aufzunehmen, um eine Lösung im Sinne der Mitarbeiter zu finden. Die schließt Swoboda jedoch aus: „Der Zug ist abgefahren.“ Unterdessen hat der Betriebsrat angekündigt, „individuelle tarifliche Regelungen zu prüfen“, sagt der Gesamtbetriebsratschef Olaf Haberecht.

„Ob er sich auf eine 35-Stunden-Woche einlässt, muss jeder für sich entscheiden“, sagt eine Krankenschwester, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Wie alle Schwestern, mit denen die MZ gesprochen hat. Was sie jedoch einräumt: „Ja, wir haben zu viel Personal.“ Deshalb sei es für sie eine Lösung, freiwillig weniger zu arbeiten, um die Arbeitsplätze aller Kollegen zu erhalten. Viele Schwestern und Pfleger, mit denen sie gesprochen habe, seien bereit dazu. Sie weiß aber auch, dass sich nicht alle Lohnverzicht leisten können. Einige hätten Unterhaltsverpflichtungen, ein Haus gebaut. „Fest steht, wir können das jetzt nicht einfach so hinnehmen“, sagt sie. Sie werde anbieten, eine Liste der Kollegen vorzulegen, die freiwillig verkürzt arbeiten würden. Ob es möglich sein wird, mit 198 Mitarbeitern weniger allein in Staßfurt und Aschersleben noch Qualität zu liefern, dazu gehen die Meinungen auseinander. Während die einen noch Einsparmöglichkeiten sehen, sagen andere: „Wir arbeiten schon jetzt am Limit.“ Kommentar Seite 4