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Neuer Schwung für die defekte Pumpe

Von Kerstin Beier 04.01.2007, 16:02

Aschersleben/MZ. - Doch jetzt sind alle mit Ernst bei der Sache. Auf Zehenspitzen gehen, hüpfen, einen Ball laufend von einer Hand in die andere werfen, ein buntes Schwungtuch aufblähen, vor- und zurücklaufen.

Für die Sportler, die in diesem Fall Patienten sind, geht es nur in zweiter Linie darum, schlank zu bleiben oder zu werden. Einige von ihnen sahen ihr Leben am seidenen Faden hängen und trainieren regelmäßig, um wieder leistungsfähiger zu werden, ungesunde Trägheit zu überwinden und die körperlichen Grenzen auszuloten. Vielen hat der Sport geholfen, wieder selbstbewusster zu werden, psychische Schranken einzureißen und verlorene Lebensfreude zurückzugewinnen.

Karl-Heinz Drewes ist einer von ihnen. 62 Jahre ist er alt, mit 37 Jahren erlitt er den ersten, mit 49 den zweiten Herzinfarkt. Bypässe am Herzen und in den Beinen, Gefäßprobleme und einen Schlaganfall - "ich hatte alles abkassiert und gedacht, es ist soweit", erzählt er lächelnd. Seit fast zehn Jahren, beinahe so lange, wie es die Herzsportgruppe in Aschersleben gibt, bleibt er den regelmäßigen Übungsnachmittagen treu, fühlt sich fitter und leistungsfähiger. "Als ich hier anfing, habe ich höchstens eine halbe Runde um den Sportplatz geschafft. Jetzt sind es schon zwei", berichtet er stolz. Er gehört bereits zur Zielgruppe - also zu jenen Mitgliedern, die sich schon ein wenig mehr zutrauen können und die die Stunden nicht mehr von der Krankenkasse bezahlt bekommen.

Angst, sich zu viel zuzumuten, habe er nicht. Schließlich sei immer ein Arzt dabei, ein Defibrillator, ein Notfalltelefon und ausgebildete Übungsleiter wie Hartmut Bethge vom SV Lok, Abteilung Reha- und Behindertensport, sorgen für zusätzliche Sicherheit.

Wie Olaf Haberecht, der die Gruppe vor zehn Jahren gemeinsam mit Dr. Rosemarie Werner gegründet hatte, berichtet, sind es acht Ärzte und sechs speziell ausgebildete Schwestern, die die Trainingsstunden wechselweise überwachen. Das Angebot ist groß: Neben den Trainingsstunden in der Halle gibt es auch die Möglichkeit, bei "Funmaker" an den Geräten zu arbeiten oder Wassergymnastik im Sporthotel Stangerode zu betreiben. "Und im Moment sind wir dabei, den ambulanten Reha-Sport noch auszubauen", so Haberecht.

Durch einen Zeitungsartikel ist Johanna Schmidt auf die Herzsportgruppe aufmerksam geworden. "Der Sport hat mir viel gegeben, und ich habe es nicht bereut", erklärt die 75-Jährige, die vor zehn Jahren einen Herzinfarkt erlitt und psychische Probleme bekam. Heute freut sie sich, wenn sie als "alter Hase" anderen Mut machen kann, und auch bei Feiern oder gemeinsamen Unternehmungen innerhalb der Gruppe fehlt sie selten.