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Geplante Ortsumgehung Geplante Ortsumgehung: Neinstedt muss wach werden

Von Hendrik Kranert 16.09.2001, 13:09

Neinstedt/MZ. - Auf Transparenten wurden zudem scharf Gemeinderat und Bürgermeister attackiert, die sich nach Meinung der Demonstranten nicht ausreichend um die Belange der Anwohner der künftigen Ortsumgehung kümmern. Gerade Bewohner im Kramerring fürchten mit der Verlagerung der alten Landesstraße 92 in Richtung Norden eine zunehmende Lärmbelastung.

Sonntags, 10 Uhr, ist normalerweise auch in Neinstedt eine Zeit der fest gefügten Rituale. Mutter kocht und Vater kümmert sich ums Auto, respektive den Garten. Einige wenige gehen vielleicht noch in die Kirche. Am Sonntag war das anders. Da zogen Mutter, Vater, Kind mit Transparenten unterm Arm zur Hauptstraße, die Neinstedt von West nach Ost in quasi zwei Hälften teilt. Inzwischen spaltet die Straße auch die Meinungen im Ort. Während das Gros der Neinstedter froh darüber scheint, demnächst vom Fahrzeugverkehr entlastet zu werden, der täglich durch den Ort flutet,  machen Gewerbetreibende und Anwohner am Ortsausgang in Richtung Thale mobil.

"Wir sind nicht gewillt, diese Straße hinzunehmen", sprach Helmut Konitzer ins Megafon, während am Café Kleine, sonst unliebsamer Treffpunkt der Dorfjugend, Transparente in den grauen Himmel wuchsen. "Auch wir sind Neinstedter", stand da, ein großes Kreuz bedeckte das Kürzel "L 92n". Und: "Wir sagen Nein zur so genannten Ortsumgehung. Warum vertritt der Gemeinderat nicht auch unsere Interessen?" In jenem Gremium war es erst jüngst zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Während Trassen-Gegner dem Rat vorwerfen, ihre Sorgen und Nöte nicht ernst zu nehmen, argumentieren Gemeindevertreter, die Betroffenen seien erst wach geworden, als die Entscheidungsfindung längst beendet war. "Neinstedt muss endlich wach werden", forderte Konitzer am Megafon. Das war wohl nicht so gemeint, wie es im Zusammenhang mit der Ratsdebatte klang. Konitzer erklärte, "man hat versucht, unsere Demonstration im Vorfeld zu stören". Sowohl juristisch sei versucht worden, den Protest zu unterbinden. Als auch in persönlichen Gesprächen mit Bürgern, die "abgehalten werden sollten". Konitzer nannte hier an erster Stelle Gemeinderat Detlef Knust. Aber auch Bürgermeister Malte Koepp wurde vorgeworfen, nicht klar Stellung zu beziehen.

Konitzer zitierte Koepp mit den Worten, "die Straße sei der Gemeinde vom Land aufgedrückt worden". Noch vor einem halben Jahr hatte sich der Bürgermeister gegenüber der MZ zufrieden gezeigt, dass die Ortsumgehung nun endlich gebaut werde. Unter den Demonstranten herrschte derweil Zwiespalt vor: Zum einen, meinte ein älterer Mann, sei wohl ihre Form des Protestes "das Einzige, was man dagegen noch tun könne". Zum anderen, bemerkte die Gesprächspartnerin des Herrn: "Ob wir was erreichen, ist ja eine ganz andere Frage." Angesichts der weit fortgeschrittenen Bauplanung scheint zumindest die auch am Sonntag wieder geforderte Bürgerbefragung zum Für und Wider eher fraglich.

Derweil stieß die Demonstration bei anderen Anwohnern auf scharfe Ablehnung: "1 000 Bürger finden es gut, wenn die Ortsdurchfahrt verlagert wird und es endlich ruhiger an der Hauptstraße wird", empörte sich Simone Hosang, Anwohnerin der Thalenser Straße, gegenüber der MZ.  Nur einige Gewerbetreibende würden "das ganze Theater inszenieren", weil sie dann nicht mehr vom Durchgangsverkehr profitieren können, meinte sie weiter.