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Erntedankfest in Mehringen Erntedankfest in Mehringen: Landfrauen setzen Krone auf

Von Marianne Bothe 05.10.2014, 18:04
Gepflegt und liebevoll geschmückt, reihte sich historische Erntetechnik in den Zug durch ganz Mehringen ein.
Gepflegt und liebevoll geschmückt, reihte sich historische Erntetechnik in den Zug durch ganz Mehringen ein. Thomas Tobis Lizenz

Mehringen/MZ - Sie bringt es auf 18 Kilo, und etwa 12 000 Ähren aus der Getreideernte von Bauer Winkler wurden darin kunstvoll zusammengebunden. Traditionell führt die Erntekorne auf einem Pferdewagen den großen Umzug an am Sonntagvormittag durch den Ort zur Festinsel. Hier versammelt sich alles und feiert ein zünftiges Dankesfest. „Danke an unsere Landfrauen, an alle Mitwirkenden beim 19. Erntedankfest in Mehringen. Die vielen bunten Gespanne, die alten und jungen Schmuckstücke, da wird einem das Herz richtig warm!“ Ulrich Fügener, Cheforganisator des örtlichen Kultur- und Heimatvereins, begrüßt die Gäste und zeigt sich begeistert ob der riesigen Resonanz. „Noch nie waren so viele Leute am Umzug beteiligt“, gibt er bekannt und verspricht eine nochmalige Steigerung für das Jubiläumsfest 2015.

Noch ist es nicht soweit. 2014 jedenfalls ist auf den Feldern und in den Gärten eine besonders reiche und große Ernte gewachsen. Mit einem Blick auf die mitgeführten Produkte, Blumen, Obst, Rüben und Kartoffeln, fällt einem ein Spruch ein zur Relation der Größe von Erdäpfeln zum Wissen ihrer Erzeuger. Ein dummer Spruch, der gleich vor Ort anschaulich widerlegt wird. Denn ganz viel Fachwissen, Erfahrung, handwerkliches Geschick und Ausdauer stecken die Bauern und Hobbylandwirte in die alte Technik, die zum Teil schon vor 80 Jahren gebaut wurde, jahrzehntelange Arbeitseinsätze auf den Feldern leistete, restauriert und gepflegt und bis heute betriebsbereitgehalten wird. Reiner Winkler und Klaus Kilian stellen jedes der rund 100 Schaubilder vor, Pferdegespanne, Kutschen, Schlepper und Maschinen, ihre Geschichte, Besitzer und technischen Raffinessen. Die Familien um Heinz Reuter aus Pfersdorf (zwischen Quenstedt und Hettstedt), um Rolf Frick aus Sandersleben, Hans Richter aus Aschersleben oder eben Landwirt Reiner Winkler aus Mehringen mit ihren umfangreichen Fahrzeugflotten und Ausrüstungen, seien an dieser Stelle nur beispielhaft für alle genannt.

Die Mittagsstunde war bereits überschritten, da löst noch die Drohndorfer Feuerwehr ein Versprechen aus dem Vorjahr ein. Ein Eigenbau-Schlepper hat die Kameraden vorgefahren und reiht sich ein auf dem großen Festplatz als letztes Gefährt des Umzugs. Die Moderatoren stellen die mitgeführte historische Feuerwehrspritze aus dem Jahre 1896 vor, die letztes Jahr noch nicht in Aktion gezeigt wurde, und warnen heute die Schaulustigen vor der Dusche, die es daraus regnet, wenn die Technik tatsächlich funktioniert. Sie funktioniert. Das Versprechen ist eingelöst. (mb)

Eine launige kleine Fachsimpelei und die Frage, was fährt und arbeitet besser und zuverlässiger: LANZ oder NORMAG?, entwickelte sich zum Running Gag. Die Antwort bleibt offen, die einen sagen so und das Gegenteil die anderen.

Während sich also die Erwachsenen für die Fendts, Hanomags, Allgaiers oder die rote Flotte von Porsche-Schleppern und die sonstigen Dieselgefährte begeistern, die Kartoffelschleudern, Saftpresse oder das Rübensamenstoppelgerät, haben die Kinder nebenan den überdimensionierten wie zeitlosen Traktor aus Strohballen längst erobert und für sich entdeckt. Der Festplatz ist bereits dicht bevölkert. Es gibt kühle Getränke in der warmen goldenen Oktobersonne, ausreichend und Schmackhaftes zu essen sowie allerlei Kleinkram an den Marktständen zu erwerben.

Schaupflügen am Samstag

Rolf Streller soll seine exklusiven Verbindungen eingesetzt haben bei der Wetterplanung fürs Wochenende. Schließlich meldet er zuverlässig jeden Morgen um 6 Uhr seine gesammelten Daten aus Mehringen zum Deutschen Wetterdienst nach Leipzig. Schon beim grandiosen Schaupflügen am Samstag mit rund 40 Schleppern lachte der Himmel derartig, dass seine „Mobile Ernteversorgung“, die Getränke darauf, vollends verdunstete. Am Sonntag lenkte er sein Fahrzeug also mit geleerten Flaschen im Konvoi. Gut, dass andere sofort einspringen konnten.

In der prächtig geschmückten Festhalle spielt Blasmusik zur Mittagsstunde, es wird gegessen, geredet und gelacht. Tanzen kommt später.

Vor der Halle hat sich der Verein der Rassekaninchenzüchter G 472 Drohndorf in einem Zelt aufgebaut, wie jedes Jahr, und präsentiert seine schönsten Tiere, weiße Farbenzwerge, Blaue Wiener, Rheinische Schecken oder Rexe, die mit dem besonders dichten Fell aus besonders kurzen Haaren. Die befreundeten Rassegeflügelzüchter Mehringens bringen ebenfalls seit Jahren zum Erntedank ihre besten Hühner mit und auch einige Tauben, die man anschauen kann. Letztere allerdings nun schon nicht mehr, denn ein Teil der Tiere steht zum Verkauf und die Tauben wechselten am Vormittag bereits den Besitzer. Auch eine Tombola der Vereine lockt mit kleinen Preisen zum Kauf der Lose.

Nach einer kleinen Pause zur Stärkung und Entspannung wird die Suche nach der Nadel im Heuhaufen angekündigt. Ein besonderes Vergnügen für die Jüngsten, die tatsächlich in einem Haufen Heu nach verborgenen Trinkhalmen wühlen dürfen. Helfer haben zuvor auch ausreichend darin verborgen. Und Preise gibt es sowieso für jeden, ob er nun fündig wurde oder nicht. Auch das beliebte Ringreiten steht am Nachmittag noch auf dem Programm sowie ein interessanter Vortrag über die Landwirtschaft in Chile.

Schließlich erinnert ein Gottesdienst an den christlichen Ursprungsgedanken von Erntedank. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir hier jeden Tag satt zu essen haben.

So gut gelaunt wie alle anderen im Festumzug: Fleischer Dirk Winkler.
So gut gelaunt wie alle anderen im Festumzug: Fleischer Dirk Winkler.
Thomas Tobis Lizenz
Die Mädels haben sich schick gemacht fürs Fest.
Die Mädels haben sich schick gemacht fürs Fest.
Thomas Tobis Lizenz