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Betroffener: Der Ort steht zu uns

Von REGINE LOTZMANN 17.08.2009, 16:43

NACHTERSTEDT/MZ. - Und so habe sich der Vorstand - auch auf die starke Initiative der Allianz-Niederlassungen vor Ort hin - entschieden, den Katastrophenopfern von Nachterstedt, abgesehen von den noch anstehenden Versicherungsleistungen, 10 000 Euro zu spenden.

Eine richtige Entscheidung, wird dem Allianz-Vertreter schnell klar, als er sich von Bürgermeisterin Heidrun Meyer über die Ausmaße der Katastrophe informieren lässt und den Schilderungen der Betroffenen lauscht.

"Eigentlich kann man nicht glauben, dass man bei der heutigen Technik nicht mehr in so ein Gebäude hineinkommt", schüttelt Eckhard Gräfe den Kopf. "Man träumt davon, noch einmal in das Haus zu gehen, kleine persönliche Erinnerungen herauszuholen, Dinge, an denen das Herz hängt", gesteht Angelika Kral und denkt dabei an ein Bild von der Schule. Die ehemalige Lehrerin hatte, als sie kurz nach der Katastrophe für wenige Augenblicke in ihr Zuhause zurückkehren durfte, nämlich nur die ganz wichtigen Dinge mitgenommen. "Ich habe die Papiere herausgeholt - als ordentlicher Deutscher hat man da für jedes einen Hefter, das waren schon zwei große Stapel", erzählt die Nachterstedterin. "Dann noch ein bisschen Unterwäsche und schon war der Wagen voll", bedauert die 62-Jährige.

"Wir müssen damit klarkommen", zuckt Ehemann Hans-Joachim mit den Schultern und blickt zu seiner Frau. "Das Wichtigste ist doch, sie sitzt hier neben mir", streicht er über ihren Arm und gibt zu: "Wir haben wieder Mut gefunden, langsam geht es aufwärts." Daran, so findet Hans-Joachim Kral, hätten auch die vielen, vielen Helfer ihren Anteil, lobt er die fantastische Hilfe. "Der Ort steht zu uns", packt er dieses Gefühl in einen einzigen Satz.

Und lächelt, als wie zur Bestätigung der Hoymer Männerchor überraschend bei der Spendenübergabe auftaucht. Auch die Sänger wollen helfen, überreichen 120 Euro und geben ein Spontankonzert. "Weil wir an dem Benefizkonzert in Gatersleben nicht teilnehmen konnten und damit die Betroffenen ein bisschen Ablenkung haben", begründet Holger Bilz diesen Auftritt, der auch noch ein ganz besonderer ist. Denn erstmals können die Sänger hier ihr neues Outfit präsentieren und ihre neue Chorleiterin, die die Arbeit gerade erst aufgenommen hat.

Gut aufgenommen wird auch die Ankündigung der Bürgermeisterin: "Die Stadt will in Nachterstedt ein Wohngebiet herrichten, damit die Betroffenen, die ja alle Grundstückseigentümer waren, die Möglichkeit haben, sich hier wieder ein Haus zu bauen", erklärt Heidrun Meyer, die noch am Montagabend mit den Anwohnern darüber sprechen wollte und die Angelegenheit am Dienstag in den Stadtrat bringen will. Hans-Joachim Kral nimmt dieses Ansinnen dankbar auf, denn die Wohnung in der Lindenstraße empfindet das Ehepaar nur als Zwischenlösung.