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Aschersleben Aschersleben: Vor 500 Jahren floss Wasser durch ausgehöhlte Stämme

Von HARALD VOPEL 25.10.2011, 16:28

ASCHERSLEBEN/MZ. - "In anderen Städten würde man Freudensprünge machen", schmunzelt Manfred Klopfleisch und grient. Der passionierte und ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger will damit nicht in Abrede stellen, dass man das in Aschersleben nicht tut, sondern vielmehr auf die Besonderheit des jüngsten archäologischen Fundes aufmerksam machen.

Dabei stehen er und sein Kollege Gerhard Christ vor mehreren ausgehöhlten Baumstämmen. Erst vor wenigen Wochen hatten die beiden ein ähnliches Exemplar, welches bei Straßenbauarbeiten in der Ascherslebener Straße Badstuben entdeckt wurde, freigelegt. Schnell stand fest, dass es sich um das Relikt einer alten Holzwasserleitung handelte. Damals hatten Christ und Klopfleisch gehofft, dass weitere Teile zum Vorschein kommen würden. Nicht umsonst - wie sich jetzt zeigt.

Auch diesmal war es der Aufmerksamkeit eines Mitarbeiters der Baufirma Kutter - die mit der Straßensanierung in den Badstuben betraut ist - zu verdanken, dass der Fund nicht einfach ein Opfer des Baggers wurde. Ansonsten wären der Stadt Aschersleben einige besonders geschichtsträchtige Fundstücke entgangen. Nämlich gleich drei hölzerne Wasserrohre, samt muffenartigem Verbindungsstück sowie ein vermutliches - zweieinhalb Meter langes - Steigrohr wurden nach über 500 Jahren wieder ans Tageslicht geholt. Die von außen so gut wie unbearbeiteten Baumstämme haben vor allem innere Werte. Das sind präzise Bohrungen und fachmännisch ausgeführte sowie mit Leder unterfütterte eiserne Spannbänder. Auch die Lage der Funde - in etwa 1,20 Meter Tiefe und damit etwa 60 Zentimeter unter dem Straßenniveau von vor 500 Jahren - geben Aufschluss über die Verlegetechnologie der damaligen Leitungsbauer. So waren beispielsweise die Verbindungsteile von weißem Lehm ummantelt, um sie möglichst dicht zu machen.

Ihren Platz sollen die Funde künftig im Ascherslebener Museum finden. "Dann können wir den Besuchern tatsächlich zeigen, wie die älteste Wasserleitung der Stadt aussah und funktioniert hat", freut sich Bodendenkmalpfleger Gerhard Christ. Bis es soweit ist, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen. Immerhin dauert es bis zu drei Jahre, um die Fundstücke zu konservieren.

Für besondere Aufmerksamkeit unter den Historikern sorgen auch einige andere Funde, die jetzt in den Badstuben entdeckt wurden. Darunter sind neben zu Ahlen verarbeiten Rinderknochen, eine Siebscherbe aus dem 15. Jahrhundert, weitere Scherben aus der Zeit um 1150 und vor allem Scherben aus der karolingischen Zeit. Genau der Zeit, in er die Stadt Aschersleben erstmals erwähnt wurde (753). Christ und Klopfleisch gehen davon aus, dass die Gefäße, zu denen diese Scherben gehörten, im achten oder neunten Jahrhundert entstanden sind. "Solche Funde hätten wir nach unserem bisherigen Wissen eher bei den jüngsten Grabungen in der Ölstraße vermutet", erklärt Gerhard Christ und lässt noch offen, wie der aktuelle Fundort erklärt und interpretiert werden kann.