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Wirbel um Netz-Beitrag Expertin: Kann ein Kind wirklich beim Stillen verhungern?

Von Lisa Harmann 07.03.2017, 13:00

Ihr Kind starb als Baby. In den sozialen Medien sorgt der emotionale Beitrag einer Mutter für Aufsehen, die sagt, ihr Sohn Landon sei verhungert, weil sie ihn „nur“ gestillt habe. Fünf Jahre sei sein Tod nun her und nun wolle sie andere Eltern weltweit warnen – denn mit nur einem Fläschchen hätte ihr Kleiner überlebt.

„Landon wäre heute fünf geworden – würde er noch leben“. So emotional beginnt der Beitrag von Landons Mutter Jillian auf der Internetseite der Non-Profit-Organisation „Fed is best-Foundation“. Jillian appelliert an Eltern weltweit, sie sollten sich nicht darauf verlassen, dass Babys wirklich satt werden von Muttermilch. Doch der Text ist in vielerlei Hinsicht problematisch. Das sagen jedenfalls Experten wie Nora Imlau.

Empfohlen wird ausschließliches Stillen von Neugeborenen

Imlau ist Stillberaterin des Deutschen Ausbildungsinstituts für Stillbegleitung (DAIS). Sie weiß, dass sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als auch die Nationale Stillkommission nach Auswertung unzähliger Studien empfehlen, Babys in den ersten Lebensmonaten ausschließlich zu stillen.

Sie erklärt: „Babys können bedenkenlos von Geburt an ausschließlich gestillt werden. Dabei sollten das Klinikpersonal sowie die Nachsorgehebamme jedoch die Ausscheidungen und die Gewichtsentwicklung des Neugeborenen im Auge behalten. Nach allem, was wir über den tragischen Fall in den USA wissen, hat nicht das Stillen zum Tod des Babys geführt, sondern das medizinische Personal, das die Warnzeichen ignorierte.“

Was war geschehen? Der kleine Landon kam mit 3360 Gramm gesund in einem „babyfreundlichen Krankenhaus“ zur Welt. Sie habe nur das Beste für ihr Kind gewollt, schreibt die Mutter. Sie stillte den Kleinen, aber er schrie und schrie, obwohl er fast die ganze Zeit an der Brust war. Die Ärzte versicherten ihr, alles sei gut – und sie als neue Mutter vertraute ihnen. Doch nichts war gut.

Landon hatte an einem Tag zwar neun Stunden lang getrunken, hatte danach aber keine nassen Windeln gehabt, schreibt Jillian. Seine Haut war fahl und er hatte schnell Gewicht verloren. Zwölf Stunden, nachdem die junge Familie aus dem Krankenhaus entlassen worden waren, dehydrierte der Kleine – und konnte nicht gerettet werden. Ursache für die Probleme bei der Milchbildung der Mutter könnte ihre PCOS-Erkrankung gewesen sein. Landon starb.

Vor seinem Tod hatte das Baby extreme Unruhe gezeigt, eine fahle, trockene Haut, kaum Ausscheidungen und keine Gewichtszunahme. „Das sind glasklare Hinweise darauf, dass dieses Baby ein Problem hat und dringend Hilfe braucht. So hätte das Baby niemals aus dem Krankenhaus entlassen werden dürfen“, sagt Imlau.

Vier Punkte zur Beruhigung von Eltern

Den Appell der Mutter, Babys nach dem Stillen immer vorsichtshalber noch ein Fläschchen anzubieten, sieht sie mehr als kritisch. Deswegen hat sie vier wichtige Botschaften für Eltern, die sich nach der Lektüre des Blogbeitrags nun sorgen.

Muttermilch

Stillen nach Bedarf ist nicht gefährlich. Und es ist unnötig und schädlich für den Aufbau einer Stillbeziehung, nach dem Stillen testweise noch Fläschchen anzubieten.

Entwicklung

Die Ausscheidungen und die Gewichtsentwicklung jedes Neugeborenen, ob gestillt oder nicht, sollte in den ersten Lebenstagen von geschultem medizinischen Personal achtsam beobachtet werden, um sicher zu stellen, dass das Baby gut versorgt ist.

Versorgungsnetz

In Deutschland sorgt ein engmaschiges Versorgungsnetz aus kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen sowie regelmäßigen Besuchen durch eine Hebamme im Wochenbett dafür, dass Probleme mit der Milchbildung oder eine Trinkschwäche des Babys rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Diese Wochenbettbegleitung ist ein schützenswertes Gut und kann Todesfälle wie den des kleinen Jungen verhindern.

Bauchgefühl

Wenn Eltern das Gefühl haben, dass ihr Baby an der Brust nicht satt wird oder sich nicht gut entwickelt, dieses Gefühl nicht ignorieren, sondern vor allem in den ersten Lebenstagen lieber einmal mehr einen Profi nach dem Baby sehen lassen.

Checkliste für Eltern, die nun besorgt sind: Daran erkennen Sie, dass Ihr Kind genügend Muttermilch bekommt:

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