Zubehör Zubehör: Original gegen Original

Stuttgart/Gelsenkirchen/dpa. - Bislang galt bei Autoreparaturen ein einfaches Prinzip: Sollte der Wagen optimal und ohne allzu große Rücksicht auf die Kosten in Stand gesetzt werden, wurde mit Originalteilen gearbeitet - also den von den Autoherstellern angebotenen Teilen. Sollte es billiger werden, wurde auf Ersatzteile anderer Produzenten zurückgegriffen. Nun allerdings sieht es anders aus. Die meist teurere Variante heißt weiterhin Originalteil, die billigere heißt: ebenfalls Originalteil. Denn jetzt dürfen laut dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) in Bonn auch bestimmte Teile von Zulieferfirmen diese Bezeichnung tragen.
Hintergrund ist eine neue europäische Regelung, die so genannte Gruppenfreistellungsverordnung (GVO). Mit ihr kam zum 1. Oktober 2003 eine Reihe von Neuerungen in das Geschäft rund ums Auto. Geregelt sei darin unter anderem, dass Autohändler Fahrzeuge mehrerer Marken verkaufen und Neuwagenverkauf und Werkstattservice getrennt sein dürfen, so Professor Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center of Automotive Research (CAR) an der Fachhochschule Gelsenkirchen. Und es ist auch geregelt, dass Zulieferer einige Produkte als Originalteile verkaufen dürfen. Umgekehrt können Werkstätten nun auch Originalteile vom Zulieferer beziehen. «Ausnahmen sind Rückrufaktionen und Garantiefälle», so Ulrich May, Jurist beim ADAC in München.
Was die Regelung nun offensichtlich macht, ist prinzipiell schon lange so - dass nämlich ein Produkt eines Zulieferers ein mit dem Original identisches Teil sein kann. «Die Autohersteller fertigen heute nur noch etwa 20 Prozent der Teile eines Fahrzeugs selbst», so May. Den Rest liefern Fremdfirmen, die Zulieferer. Einmal beim Autohersteller angelangt, werden die Produkte dann als Originalteil verbaut beziehungsweise vom Autohersteller als solches angeboten. Laut Ferdinand Dudenhöffer dürfen die Zulieferer nun eben jene Teile auch selbst als Originalteil verkaufen, die aus der Produktionslinie für den Hersteller stammen.
Für die Kunden in den Werkstätten könnte diese Neuerung je nach Fall eine merkliche Kostenersparnis bedeuten. «Bei den Originalteilen der Hersteller wird gewaltig 'was draufgeschlagen», so May. «In Einzelfällen kann sich der Preis eines solchen Teils mehr als verdreifachen.» Im Durchschnitt liegen die Aufschläge zwar niedriger, sind aber immer noch spürbar. So geht ZDK-Sprecher Helmut Blümer von durchschnittlichen Aufschlägen in der Größenordnung von 30 bis 70 Prozent aus. Und Dudenhöffer stellt fest: «Die Ersatzteilversorgung ist für die Autohersteller ein hoch profitables Geschäft.»
Doch noch brauchen sich die Hersteller offenbar nicht um ihre Einnahmequelle zu sorgen. Denn bei den Autofahrern ist die Möglichkeit zum Geldsparen noch nicht wirklich angekommen. «Der Kunde fragt nach wie vor nicht nach den Originalteilen vom Zulieferer», sagt Helmut Blümer. «Auch in den Werkstätten selbst gibt es noch Unsicherheiten.»
Hinzu kommt, dass die Zulieferer ihre neue Geschäftschance noch nicht wirklich beim Schopf gepackt haben. Laut Dudenhöffer gibt es bislang keine Hinweise, dass sie schon das neue Marktpotenzial ausloten. Die Stellungnahmen der Firmen selbst zu diesem Thema sind zudem recht zurückhaltend. «Wir versuchen einen Weg zu gehen, der sowohl den Herstellern als auch dem Handel gerecht wird», sagt Ulrich Köster, Sprecher von Hella in Lippstadt. «Bosch hält an der bewährten Strategie fest, nicht die Werkstätten, sondern den Großhandel und die Zentralen der Kfz-Hersteller zu beliefern», lautet ein Auszug aus der offiziellen Stellungnahme der Robert Bosch GmbH in Stuttgart.
Sicher ist, dass die Zulieferer sich in einer Zwickmühle befinden: Sie liefern ihre Produkte an Autohersteller, die mit dem Ersatzteilverkauf Geld verdienen - die Zulieferer würden also ihren Kunden unter Umständen einen Teil des Marktes wegnehmen. «Ich will nicht ausschließen, dass in diesem Zusammenhang eine gewisse Marktmacht ausgeübt wird», sagt Helmut Blümer über mögliche Einflüsse hinter den Kulissen.
Bei den Autoherstellern selbst sieht man offiziell kein Problem mit den Originalteilen vom Zulieferer. So weist BMW in München mit großen Anzeigenkampagnen zwar auf die Vorzüge der Werks-Originalteile hin, will dies aber nicht als ausschließlichen Verkaufsanreiz für die eigenen Teile verstanden wissen. «Wir bewerben damit unseren Service als Gesamtheit», erklärt BMW-Sprecher Uwe Mahla. Man habe überhaupt nichts dagegen, dass auch die Zulieferer Originalteile anbieten.
Die Fachleute gehen insgesamt davon aus, dass die Lage sich mit der Zeit entspannen wird. «Es wird sich bessern, und es wird mehr Freiheiten auf dem Ersatzteilmarkt geben», meint Ulrich May vom ADAC. «Der Wettbewerb im Reparaturbereich wird steigen.» Bis die Originalteile vom Zulieferer aber selbstverständlicher zum Einsatz kommen, rät Helmut Blümer Autofahrern beim Werkstattbesuch vor allem eines: «Fragen, fragen, fragen.»