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Handwerk Handwerk: Bürsten kommen seit 120 Jahren aus Naumburg

Von Bernd Lähne 04.03.2007, 19:34
Die Bürstenmacherin Ursula Römer in ihrer kleinen Werkstatt in Naumburg, die gleichzeitig als Verkaufsraum dient. (Foto: dpa)
Die Bürstenmacherin Ursula Römer in ihrer kleinen Werkstatt in Naumburg, die gleichzeitig als Verkaufsraum dient. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Naumburg/dpa. - «Der frühere Bundespräsident Roman Herzog und sein Vorgänger Richardvon Weizsäcker waren hier», zeigt stolz Ursula Römer, Chefin eines inDeutschland seltenen Handwerksbetriebes, das Gästebuch. In dem rund120-jährigen Familienbetrieb werden alte Techniken gepflegt.«Kunden können uns in der Schauwerkstatt bei der Handarbeit imwahrsten Sinne des Wortes auf die Hände sehen», sagt Römer.

So entstehen im so genannten Handeinzugsverfahren Stubenbesen,Handfeger, Straßenbesen, Teppichbürsten, Kleider- und Schuhbürsten.Auch ausgefallene Exemplare wie Spezialbesen zum Säubern von Gemäldenoder Stuck gehören zum Sortiment. Scheren, Zangen, Draht und Kämmesind die wichtigsten Werkzeuge der Bürstenmacherei. Dazu kommt dasBorstenmaterial. «Geschickte Hände braucht man und das richtigeFeingefühl besonders bei der Auswahl des Fasermaterials», erklärtRömer einige Anforderungen an den Beruf.

Bundesweit sind laut Zentralverband des Deutschen Handwerks rund150 Bürsten- und Pinselmacher eingetragen. Kontinuierlich werdenjunge Leute ausgebildet. «An Nachwuchs mangelt es nicht», sagt Hans-Friedrich Bieringer, Vorsitzender des Verbandes der Bürsten- undPinselhersteller. «Ein Großteil der Fertigung läuft aber zunehmendindustriell», sagt er. «In Sachsen-Anhalt gibt es noch vierUnternehmen, die Besen und Bürsten herstellen, drei davon im Südendes Landes», berichtet die Sprecherin der Handwerkskammer Halle,Jaqueline Gerhardt.

Die Lehrzeit für einen Bürsten- und Pinselmacher in der Fachschulein Bechhofen/Ansbach in Bayern beträgt drei Jahre. Steffen Weiland,der dort Anfang der 1990er Jahre seine Ausbildung absolviert hat,arbeitet seither in dem Minibetrieb in Naumburg. Er ist auch für denmodernen Vertriebsweg über das Internet zuständig. «UnsereKundenliste erstreckt sich über den Erdball, selbst bis nachNeuseeland», sagt er. Das Material wie Rosshaar für Besen bekommt dieNaumburger Firma aus Südamerika.

Wegen der Tierschutzgesetze in Deutschland werden nach Angaben desVerbandes der Bürsten- und Pinselhersteller Rohstoffe wie Borsten undHaare von Handwerksbetrieben oft aus China bezogen. «Das Pferdehaaraus Paraguay ist nicht zu übertreffen. Ein Besen aus diesem Materialkann 20 bis zu 30 Jahre lang seinen Dienst tun», ist indes dieBürstenmacherin Römer, die eine jahrzehntelange Berufserfahrung hat,überzeugt.

Geschick und Ausdauer habe sie von ihrem Vater Kurt Steinbrückgeerbt. Der legendäre Naumburger Handwerksmeister war in seinerJugend noch über Land zogen und verkaufte seine frisch gefertigtenBürsten. Bis ins hohe Alter hinein arbeitete Steinbrück in seinemBetrieb, der 1997 drei Monate vor seinem Tod sein 75. Meisterjubiläumfeierte. Tochter Ursula Römer übernahm Anfang Januar 1998 dieBürstenmacherei. Sie setzte damit deren lange Tradition fort. Damitbleiben auch die Zahlen zur Umsatzentwicklung in der Familie.