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Turnen Turnen: Talentschmiede Chemnitz ist ein Erfolgsmodell

Von Katja Stieler 04.04.2011, 15:04
Die Hand einer Turnerin greift nach einer Stange. Die Europameisterschaften im Turnen finden in Berlin vom 4. bis 10. April statt. (FOTO: DPA)
Die Hand einer Turnerin greift nach einer Stange. Die Europameisterschaften im Turnen finden in Berlin vom 4. bis 10. April statt. (FOTO: DPA) dpa

Chemnitz/dpa. - Ein Schleier von Magnesia liegt in der Luft derTurnhalle des TuS Chemnitz-Altendorf, wenn die ersten Mädchen siebenUhr morgens ihr Training beginnen. Bis 1800 Uhr wird sich der weiße,feine Staub nicht legen, denn so lange wird hier geturnt - eine Übungnach der anderen, Turnelemente im Akkord. Denn ohne Fleiß kein Preis.Viele nationale Titel und internationale Einsätze ChemnitzerTurnerinnen sprechen für ein effektives Trainingssystem.

Gabi Frehse ist die verantwortliche Trainerin und formt bereitsseit 1977 kleine Turnerinnen zu erfolgreichen Athleten. Noch zuDDR-Zeiten delegierte sie die besten Mädchen, die in Chemnitz ihreGrundausbildung lernten, zur Kaderschmiede des Leipziger Sportclubs,wo aus jungen Talenten Welt- und Europameister wurden. Heute stelltChemnitz sachsenweit selbst die größte Zahl an Leistungsturnerinnen.Joeline Möbius gelang 2008 als erster sächsischer Turnerin nach derWende gar der Sprung in die Olympia-Mannschaft.

Bei Europa- und Weltmeisterschaften der letzten Jahre stand immermindestens ein Schützling von Gabi Frehse im Mannschaftsaufgebot.Ausgerechnet bei der diesjährigen Heim-EM in Berlin werden dieChemnitzer Turnerinnen den Wettkampf jedoch nur von der Tribüne ausverfolgen können, weil die Qualifikation um einen der begehrtenStartplätze knapp misslang. «Die EM war zunächst einmal nicht unserHauptziel, wichtiger ist für uns die WM im Herbst, denn da geht es umdie Olympia-Qualifikation», erklärte Frehse. Hier soll unbedingtwieder eine Chemnitzerin mit am Start sein «und mit Lisa-KatharinaHill, Joeline Möbius und Isabelle Marquard haben wir durchaus dreiheiße Eisen im Feuer», prophezeit die Trainerin.

Für die Zukunft des deutschen Frauenturnens zeichnet sie dennochein düsteres Bild: «Wir haben hier zwar ein sehr gutes System, aberdie Mädchen sind den ganzen Tag über sehr hoch belastet. Sie gehen 30Stunden in die Schule und sollen 30 Stunden trainieren», erklärteFrehse den anspruchsvollen Alltag einer Leistungsturnerin. «Mädchenund auch Eltern zu finden, die sich diesen hohen Anforderungenstellen und das wirklich konsequent bis zum Ende durchziehen, daswird immer schwieriger werden.»

In Chemnitz ist das zuletzt sehr gut gelungen. Auch Turnerinnenvon außerhalb konnten angesichts der besonders guten Abstimmungzwischen Schule und Sport sowie der Kooperation mit demOlympiastützpunkt und dem Internat dazugewonnen werden. Trotzdem istder Erfolgsdruck groß, denn nur eine ausreichende Anzahl anKader-Turnerinnen garantiert den Erhalt des Bundesstützpunktes.Misslingt die Olympia-Qualifikation, werden weitere Landesmittelgekürzt und Trainerstellen abgebaut.

Werden die Nachwuchs-Turnerinnen jedoch weiterhin so behutsamaufgebaut, kann man in Chemnitz noch mit vielen Erfolgen rechnen.Auch in Zukunft will Frehse ihren Verein, der zuletzt 150-jährigesJubiläum feierte, in guten Händen wissen: «Ich wünsche mir sehr, dasses jemanden gibt, der die Arbeit, die ich begonnen habe, genausozielstrebig fortsetzen kann, genauso für das Turnen brennt undgenauso verrückt ist wie ich.»