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Trauerfeier nach zwei Monaten Trauerfeier nach zwei Monaten: Feierliche Worte vor verschlossener Tür

09.08.2001, 20:22

Helbra/MZ. - Manfred W. ist einsam gestorben. Nach seinem Tod bemühten sich ein paar alte Arbeitskollegen und ein früherer Freund, seine Asche in Würde unter die Erde zu bekommen. Manfred W. lebte meist allein, in seinen letzten Lebensjahren zudem in Armut. Es hatte so wenig, dass seine beiden Brüder nach seinem Tod am 24. Mai das Erbe ausschlugen - und damit das Risiko, eventuelle Schulden begleichen zu müssen. Dem Bestattungsunternehmer sagten sie, er solle sehen, dass er mit den 2 100 Mark Sterbehilfe der Krankenkasse zurecht und die Urne in die Erde käme. Fred Gerlach, der Manfred W. seit 35 Jahren kannte, erfuhr dies und ärgerte sich sehr. Er sagte: "Ich wollte nicht, dass er verscharrt wird wie ein Hund." Er kümmerte sich noch um Formalitäten und informierte weitere Bekannte. Bei der Beisetzung Ende Juli auf dem Helbraer Friedhof standen neben dem Bestatter drei Männer; die Brüder fehlten. Es regnete in Strömen, doch die Trauerhalle war verschlossen. Einer der Männer im Regen war Hans Ehricht. Der frühere Objektleiter der HO-Gaststätte des Kulturhauses der Mansfelder Bergarbeiter in Eisleben war zehn Jahre lang der Vorgesetzte des Verstorbenen gewesen. Er lobte: "Herr W. war eine gute Kraft, immer fleißig und zuverlässig." Es empörte ihn, dass die Trauerhalle verschlossen war. MZ fragte bei Ines Paul, Helbraer Friedhofsverwaltung, über die Gründe nach. Sie sagte: "Die Benutzung der Halle muss beantragt werden und kostet dann 100 Mark Gebühr. Es gab aber keinen Antrag." Bestatter Rüdiger Stapff erklärte auf Anfrage: "Eine Feier war von den Angehörigen ausdrücklich abgelehnt worden. Trotzdem habe ich an der Urne eine kleine Rede gehalten." Fred Gerlach versteht es dennoch nicht: "Der Verstorbene hat von Kindheit an in Helbra gelebt. Da hätte die Gemeinde ein Herz haben und uns in die Halle lassen können." Dafür hat die Gemeinde eine Gebührenordnung, und die sorgte für die nächste Überraschung: Sie verlangte 330 Mark "Gebühr für die Nutzung der Urnengemeinschaftsanlage in den nächsten 15 Jahren", für das "Rosenbeet", wie es hier heißt. Herr Gerlach übernahm den demütigenden Bittgang zu den Brüdern und gab am Ende selbst noch 165 Mark dazu. Bestatter Stapff: "Das war nicht in Ordnung von der Gemeinde. Denn eigentlich ist das anonyme Grab auch für Mittellose da." Frau Paul hält dagegen: "Dafür pflegen wir ja auch in Zukunft das Grab." Hier, auf der "grünen Wiese", wird die Urne von Manfred W. zumindest nicht einsam und allein bleiben.