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Sizilien Sizilien: In der Heimat des Paten

Von Marlene Köhler 21.07.2005, 19:05

Halle/MZ. - Die Sizilianer sind stolz darauf und die Reiseveranstalter haben es längst entdeckt. Nun locken sie Touristen auf die Spuren des Films "Der Pate".

Bei Rundreisen im Minibus zu diesem Thema muss das Hotel nur einmal gewechselt werden, trotzdem begegnet man den landschaftlichen und kulturellen Höhepunkten der Insel. Für sieben Übernachtungen mit Halbpension zahlt man beim Anbieter Thomas Cook ab 1 395 Euro pro Person. Der Tagesausflug zum Filmdrehort ist inbegriffen. Dabei verdankt das Anwesen im kleinen Örtchen Frumefreddo, 20 Autominuten entfernt vom Ostküstenort Taormina, seinen Ruhm nur einem Zufall.

Die Filmcrew um Autor Mario Puzo und Regisseur Francis Ford Coppola wollte das Haus der Filmfamilie Corleone eigentlich in der Gegend um Palermo finden. Doch nirgends bot sich etwas Passendes für den 320 Personen umfassenden Filmstab. Da gab es den Tipp: Seht euch doch mal in Taormina um.

Puzo und Coppola folgten dem Rat, und als der Schriftsteller 1970 die Villa sah, soll er ausgerufen haben: Genauso habe ich mir das Haus beim Schreiben vorgestellt. Dann wurde gedreht, 1970, 1974 und 1990, die drei Teile der fiktiven Geschichte der Mafiafamilie Corleone, die vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Anfang der 1960er Jahre erzählt wird. Für den brillanten ersten Film gab es 1972 drei Oscars, Schauspieler wie Marlon Brando und der junge Al Pacino hatten Maßstäbe gesetzt.

Auch ein anderer Großer ist auf Sizilien in aller Munde. Es ist unser Goethe, Johann Wolfgang von, der so viel Schönes über die größte Insel im Mittelmeer geschrieben hat. Zum Beispiel den Satz: "Italien ohne Sizilien macht gar kein Bild in der Seele: hier ist der Schlüssel zu allem". Hat er damals schon die fünf großen "K" gemeint, für die die Insel berühmt ist und mit denen man noch heute wirbt: Küste, Kultur, Kunst, Küche, Keller? Hat er die Romantik gemeint, die vom Ätna ausgeht, Europas größtem Vulkan, der in der Dunkelheit glüht und auf dem man tagsüber trotzdem tanzen kann?

Nur 20 Kilometer von Taormina entfernt erhebt er sich 3 350 Meter über dem Meeresspiegel und dehnt sich über eine Fläche von rund 1 250 Quadratkilometern. Der Ätna ist sein eigener Architekt, er gebiert und frisst sich selbst. Durch die Ausbrüche verändert er sich ständig. Krater kommen hinzu, andere verschwinden. Reiseführer machen 48 Klimazonen, genauso viele wie von Nordafrika bis Spitzbergen, verantwortlich für jähe Wetteränderungen. Gerade noch blickte man im Sonnenlicht fasziniert in Abgründe, bewunderte erstarrte Lava und den Ginster, der durch das Gestein bricht, da erschauert man in eisigem Wind, Hagel, Schneegestöber.

Der Aufstieg auf den Ätna ist heutzutage kein Problem. Mit Bussen gelangen Reisende fast 2 000 Meter hoch, in 1 923 Metern Höhe beginnt die moderne Seilbahn, mit der man bis auf 2 504 Meter kommt. Von der Endstation bringen Spezialfahrzeuge den Abenteuerlustigen in etwa 20 Minuten auf 3 000 Meter Höhe (Kosten Seilbahn und Jeepfahrt ca. 45 Euro). Hier warten Bergführer, die den Wanderer zu jenen Stellen begleiten, an denen der Vulkan aktiv ist. Zurück auf der Hotel-Terrasse, lässt "Ätna-Feuer", ein 50- bis 70-prozentiger Kräuterlikör, heiße Erinnerungen aufkommen.

Den schönsten Blick auf den schneebedeckten Ätna hat man wohl vom antiken Theater in Taormina aus. "Das ungeheuerste Natur- und Kunstwerk" hat ihn Goethe genannt, als er über die Steinstufen des Teatro Greco hinunterblickte auf den "dampfenden Feuerberg", der ihm nicht schrecklich erschien, "denn die mildernde Atmosphäre zeigt ihn entfernter und sanfter, als er ist". Die meisten der zwölf Millionen Sizilien-Touristen im Jahr wollen diesen Anblick einmal im Leben nachvollziehen.

Der Name des Teatro Greco, das täglich von 9 Uhr bis eine Stunde vor Sonnenuntergang geöffnet ist, täuscht. Der römische Bau wurde im 2. Jahrhundert vor Christus auf den Fundamenten eines älteren hellenistischen Vorgängerbaus errichtet. Es folgten etliche Veränderungen der Bühnenwand und des Zuschauerraums, die zum Teil den Rundblick über Meer, Küste und Ätna verstellten. Doch heute gibt eine durchbrochene Theaterwand den Blick wieder frei auf die einzigartige Kulisse. Die sorgt im Juli / August beim Musikfestival "Taormina Arte" für Konkurrenz zum Geschehen auf der Bühne.

Vom Theater kommend, erkundet man die auf einem 200 Meter hohen Felsen gebaute Stadt Taormina mit ihren engen Gassen und Mauern am besten von der Porta Messina aus. Der Corso Umberto, ein Fußgängerboulevard mit Cafés und Geschäften, Kirchen und Palästen, führt im Bogen durch die mittelalterliche Innenstadt. Etwa in der Mitte angelangt, an der Piazza IX. Aprile, öffnet sich plötzlich ein weiter Blick über das Meer.