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Original bis zu Motorenklang

Von Silvia Bürkmann 29.08.2006, 16:49

Rodleben/MZ. - Nix da. Auf dem Gelände des Modellflugclubs "Hugo Junkers" Dessau-Rodleben e.V. neben der Apfelallee drängen sich die Fahrzeuge, Zelte, Wohnmobile, Caravans, dampft der Imbiss, duftet Kaffee und Kuchen. Modellflieger mit Junkers-Namen sind nicht von Zucker. Der Vereinstag der Modellflugbauer und -interessierten in Rodleben findet statt.

Ohr und Nase verraten mehr als das Auge. Motoren surren, pfeifen, klappern, und in der Luft liegt Qualm - eindeutig Benzin. Und das jetzt? Etwa eine Turbine? Ein grauer Pfeil fegt im Affenzahn über die Startbahn und schießt in die Luft. "Düsenjäger mit Strahltriebwerk" in Miniaturausgabe, zeigen Peter Gens und Günter Kirsten begeistert auf eine der Attraktionen des Modellflugtages. Der rund neun Kilo leichte "Jäger" erreicht maximal 300 kmh, zischt im weitem Radius über das Publikum. Und dann lässt Siegfried Klein aus Trinum (Landkreis Köthen) sein Schmuckstück wieder auf der Bahn aufsetzen. "Handicap-Landung", kommentiert Peter Gens gespannt. Derb holpert das eingerastete Fahrwerk auf die angrenzende Wiese, dann aber kommt der Flieger unterm Applaus der Zuschauer heil zum Halt. Aus den Triebwerken kräuselt eine leichte Dampfwolke. Feuer? Günter Kirsten schüttelt den Kopf. Der Motor entwickelt kräftige Hitze und verdampft Spritzer vom Restsprit. Alles normal.

Außergewöhnlich freilich ist der Treibstoff des Düsenjägers, der Kerosin im Tank hat. Die übrigen Modelle mit den Zweitakt- und Viertakt-Motoren heben ab mit Tankstellenbenzin 1:50 und einer Methanol-Rizinus-Mischung, lässt Vereins-Vize Günter Klauß den Besucher wissen. Die Modellflugzeuge folgen dem Original bis ins Detail und bis ins Motorengeräusch, entweder aus dem Baukasten oder im Eigenbau gefertigt. Und so kreisen Segler oder Motorflieger durch die Lüfte über dem 2,4 Hektar großen vereinseigenen Areal an der Rodlebener Apfelallee.

Das Grundstück, vordem genutzt für die Agrarflieger, hatte der Modellflugclub kurz nach der Wende aus dem Treuhand-Fundus erwerben können. "Dank der Hilfe der Gemeinde Rodleben", wie Gens und Kirsten betonen. In Dessau, dem ursprünglich alleinigen Heimatort der Junkers-Modellflieger habe es immer wieder Reibereien mit den "Großfliegern" gegeben. "Nun haben wir unsere eigene Sportstätte", berichtet Klauß zufrieden von vielen Arbeitseinsätzen der Vereinsmitglieder, um das Feld zu planieren ("40 Tonnen Erde haben wir bewegt."). Im März 2006 wurde dann der Bau der asphaltierten Rollbahn vollendet, die dem Acker nun tatsächlich das Gepräge eines Flugplatzes gibt.

Am Sonnabend haben sich 38 Piloten in die Startliste eingetragen, neben den Dessau-Rodlebenern auch Gastflieger anderer Vereine. Auf 32 Kanälen und drei Bändern kann der Funk ausgesteuert werden, das heißt, maximal könnten 32 Flieger gleichzeitig abheben, ohne die Frequenz des anderen zu kreuzen. "Wir haben das heute aber auf sechs beschränkt, sonst wird's am Himmel doch ein wenig eng", schmunzelt Günter Klauß. Wohl reiche die Fernsteuerung über einen Kilometer, der Aktionsradius für eine publikumswirksame Flugschau allerdings beschränke sich auf 300 bis 400 Meter.

Tom Bunde aus Coswig ist mit elf Jahren einer der jüngsten Modellflieger am Platz. Im vorigen Jahr erst hat sich der Junge infiziert am Flug-Modellsport-Fieber. "Wir wohnen nahe der Herzklinik und da landen oft die Hubschrauber", berichtet der Junge von seinem Weihnachtsgeschenk 2004. Dem ersten Bunde-Hubschrauber freilich war kein langes Leben beschert, ein Absturz machte Kleinholz aus dem stolzen Himmelsstürmer. Die Modellbausportler richteten den Nachwuchs auf: "Fang mit 'nem kleinen Segler an." Tom fing neu an und ist bis heute dabei. Am Abend bestaunt er dann mit großen Augen die Flugschau von Christian Habenich. Der Mann aus Torgau lenkt seinen Hubschrauber über das Gelände: Rückenflug, Kreisel, Looping, 540-Grad-Turn. Dann die Autorotation als Notlandeoperation eines echte Helikopters.

Es blieb die einzige Notlandung. Und es blieb der Modellversuch.