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MZ-Aktion MZ-Aktion: Garten ersetzt weite Reisen

Von Ursula Schabert 10.08.2001, 15:52

Hettstedt/MZ. - Toni liegt flach und beobachtet die Fische. Dass er nicht schnurrt vor Behagen, liegt nur daran, dass er ein Beagle ist. Die freundlichste Hunderasse der Welt, aber nicht besonders dressurfreudig. Riesige Agaven, ein solarbeheizter Pool, zwei überdachte Grillplätze - der Garten der Familie Liebau ist ein Paradies. Hund und Katze leben in Frieden miteinander, leise plätschert der Bach in die Teiche. "Wir können nicht verreisen, so wollten wir es uns hier so schön wie möglich machen", sagen Angelika und Manfred Liebau. Und Toni rückt den Rädern des Rollstuhls etwas näher, damit sein Herrchen ihn streicheln kann. Manfred Liebau hat Multiple Sklerose.

Die Krankheit erforderte eine völlige Umstellung der Lebensweise, und das Ehepaar hat dies unter anderem dadurch bewältigt, dass das Leben in der wärmeren Jahreszeit in den großen Garten verlagert wird. Auch die Freunde aus dem Würfelclub kommen hierher, daher wurde die zweite, größere Grillstelle nötig. Wer sich nicht zu Sehenswürdigkeiten bewegen kann, lernt es, das Sehenswerte im näheren Umfeld sorgsamer zu beachten und zu betrachten. Die Blüten der Trompetenblume beispielsweise, das Farbenspiel der vielen einjährigen Pflanzen in Blumenkästen und Rabatten ("jedes Jahr werden alle Rabatten völlig neu bepflanzt") - und die Lebensgewohnheiten der Koi-Karpfen, jener Fische, die bis 70 Jahre alt werden können. Die Fische sind für Manfred Liebau fast das Wichtigste am Garten. Nie habe er gedacht, dass man Fische zähmen könne, dass sie so völlig unterschiedlich aussehen, dass er einmal alle voneinander werde unterscheiden können. "Aber wir haben eine Menge Lehrgeld bezahlt", meinen die Liebaus mit Blick auf die beiden Teiche.

Bis sie gewusst hätten, wie viel Sauerstoff die Tiere brauchen, die richtige Pumpe angeschafft hatten, bis das Milieu dagewesen sei, in dem sich die aus Japan stammenden Fische wohlfühlen, seien einige gestorben, "und sie sind nicht billig". Inzwischen aber sind Liebaus Fisch-Experten. Zwei Störe leben auch im großen Teich, im kleinen tummelt sich Fisch-Nachwuchs. Den größeren Gartenteich hat der Sohn inzwischen drei Mal vergrößert. Seit 1966 wohnt die Familie Liebau in dem 1949 gebauten Haus ganz am Ende der Hadebornstraße, Manfred Liebaus Elternhaus. Seitdem ist der Garten Stück für Stück so schön geworden, wie er jetzt ist, ein nahezu reiner Ziergarten mit vielen Koniferen, Rosenbeet und Rabatten. "Unser Sohn hat ein großes Talent für handwerkliche Arbeiten", freuen sich die Eltern. Schwiegertochter und Enkelin (10) wohnen natürlich auch mit der Familie unter einem Dach. Die Schwiegertochter sei auch noch gelernte Gärtnerin. "Seit der Krankheit meines Mannes hätten wir das alles auch alleine gar nicht mehr bewältigen können", meint Angelika Liebau, die noch zwei Mal pro Woche auf dem Wochenmarkt Fleischereiwaren verkauft.

Die ganze Gartenanlage ist absolut behindertengerecht, mit dem Rollstuhl kann Manfred Liebau überall hingelangen. Der Pool mit der Solaranlage auf dem Garagendach ist die neueste Errungenschaft, vorher war er einfacher und unbeheizt. "Aber da wir so viel Zeit im Garten verbringen, wollen wir auch schon möglichst früh im Jahr baden können." Das Wasser wird durch ganz dünne Röhren auf dem Dach gepumpt, worin es sich durch die Sonne aufheizt. Die Lage des Garten sei für diese Art der Solartechnik besonders günstig gewesen. "Komm her, Toni", ruft Manfred Liebau, und der Hund reagiert sofort: "Er spürt, dass mein Mann krank ist und ist immer in seiner Nähe", sagt Angelika Liebau. Eigentlich war der Beagle mal für die Enkelin angeschafft worden. "Wenn die Tiere gesund sind, sind wir auch glücklich", meint das Ehepaar dankbar.