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Motorradrennen Motorradrennen: Boykott begünstigte einzigen deutschen Sieg

Von Marco Bosch 04.07.2012, 15:48

Frankfurt/Main/dapd. - Wenn sich MotoGP-Pilot Stefan Bradl am Sonntag bei seinem Heim-Grand-Prix auf dem Sachsenring auf seine Honda schwingt, wird Czihak an der Boxenmauer stehen und mitfiebern. „Der Rennsport ist meine Leidenschaft. Das war damals so und wird auch immer so bleiben“, sagt der 68-Jährige im Interview der Nachrichtenagentur dapd.

Zwtl.: Agostini, Read und Bonera verweigern Start

1974 wurde das Motorradrennen noch auf der damals wie heute berühmten aber auch gefährlichen Nordschleife ausgetragen. Die Top-Fahrer um den späteren Weltmeister des Jahres, Phil Read, und dessen Kollegen wie Gianfranco Bonera und der 15-fache Weltmeister Giacomo Agostini weigerten sich mit Hinweis auf die mangelnde Absicherung der Strecke, am Rennen teilzunehmen. „Sie wollten das gesamt Fahrerfeld einen Brief unterschreiben lassen, dass bei einem Risikozuschlag doch gestartet werden würde“, erzählt Czihak.

Seiner Meinung nach ging es bei dieser Aktion nur darum, zusätzliches Geld zu erpressen. „Agostini hat ja schon 20.000 Mark Startgeld bekommen, ich als Juniorenmeister 400. Da lagen damals schon Welten dazwischen“, sagt Czihak. Am Dienstag vor dem Rennen habe Read mit seiner MV Augusta auf der komplett ungesicherten Nordschleife bei einer privaten Fahrt den Rundenrekord verbessert. „Wenn er da gestürzt wäre, hätte man ihn zwischen den Bäumen und Büschen nicht mehr gefunden“, sagt Czihak.

Beim Rennen ließ Czihak auf seiner Yamaha die anderen Deutschen Horst Kassner, Walter Kaletsch und Udo Kochanski hinter sich. Stolz macht ihn bis heute, dass er auch die schnellste Runde auf dem teilweise nassen und rutschigen Kurs absolvierte. „Da habe ich mir den Sieg doch auch ehrlich erarbeitet“, sagt Czihak. Die Siegprämie von 1.700 Mark spendete er einem guten Zweck, da der erste Platz „unter normalen Umständen unerreichbar“ gewesen wäre.

Zwtl.: Niemals eine Karriere im Profi-Rennsport angestrebt

Den gelernten Wergzeugmacher aus München-Pasing packte das Rennsportfieber bei einem Besuch des Hockheimrings 1968. „Es war nur Renzo Pasolini auf der Strecke. Das war ein unbeschreiblicher Sound mit seiner Benelli. Mir sind die Nackenhaare hochgestanden, da ist der Funke über gesprungen“, sagt Czihak. Nach ersten Wettfahrten mit Freunden startete er dann beim Bergrennen in Kirchheim-Teck bei Stuttgart. „Da haben wir vom Serienmotorrad die Schweinwerfer abgeschraubt, noch ein paar Änderungen vorgenommen und los ging's“, sagt Czihak. Auch dort fuhr er auf Anhieb in die Top-Drei.

Eine professionelle Karriere hat Czihak dennoch nie angestrebt: „Ich war realistisch genug, dass ich da nichts werden konnte“, sagt Czihak, der damals bereits sein eigenes Geschäft aufbaute: „Ich habe mich darauf verlegt, was ich wirklich kann und wo ich mein Geld verdienen wollte.“ Kleinere Rennen ist Czihak aber weiter gefahren, tut dies noch heute bei Oldtimer-Veranstaltungen. Als er sein erfolgreiches Motorradhaus vor mehr als zehn Jahren an einen Mitarbeiter abtrat, verbrachte er seine Freizeit als Instruktor bei Renntrainings und später unter anderem bei Touren durch die Dolomiten.

Zwtl.: „Hoffe, dass der Stefan bald zu mir aufschließt“

Insgesamt lässt Czihak es heute ruhiger angehen. Aber nur etwas. Er hat acht Motorräder aus verschiedensten Epochen in seiner Garage. Darunter sportliche Varianten, aber auch gemütlichere Maschinen, um mit seiner Frau Ingrid zu einer der regelmäßigen Ausfahrten zu starten. „Verrückterweise habe ich die auch alle angemeldet. Da weiß man gar nicht, welche man zuerst fahren soll“, sagt Czihak.

Den Rennsport würde Czihak heute auch wieder ausüben, auch wenn er sich sehr verändert hat: „Die heutige Zeit ist leider etwas nüchterner geworden. Ich glaube, dass bei uns die Freude am Sport noch größer war“, sagt Czihak, drückt Bradl aber trotzdem die Daumen: „Ich hoffe, dass der Stefan möglichst bald zu mir aufschließt.“