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Leichtathletik Leichtathletik: Trainer geht ohne großen Bahnhof

Von Harald Vopel 13.08.2007, 13:44

Aschersleben/MZ. - Genau wie damals ist Alfred Höhndorf auch diesmal ohne "Großen Bahnhof" gegangen. Gefreut hat er sich über einen Blumenstrauß, den ihm ein junger Sportler während der letzten Trainingseinheit überreicht hat. Gefragt nach den Beweggründen seines Abschieds, sagt Alfred Höhndorf, dass die jungen Sportler zunehmend weniger Engagement für die Leichtathletik mitbringen. Er selbst hat sich immer als einer verstanden, der auf der Suche nach Talenten war. Die wollte er dann möglichst dicht an die Leistungsspitze des Landes heran führen. "Wenn einer nur einmal in der Woche zum Training kommt - wie es zuletzt oft der Fall war - ist das nicht zu machen", sagt Höhndorf durchaus auch etwas resigniert.

Über 20 junge Sportlerinnen und Sportler hat er im Verlauf von rund 30 Jahren dazu befähigt, dass sie Aufnahme an den ehemaligen Kinder- und Jugendsportschulen und heutigen Sportgymnasien gefunden haben. Erst vor gut einer Woche erhielt Alfred Höhndorf einen Anruf von einem seiner ehemaligen Athleten. Marcus May, der jetzt für den SV Halle startet, hatte sich bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Ulm die Silbermedaille im Dreisprung gesichert und unmittelbar nach dem Wettkampf seinem ehemaligen Trainer gedankt.

Dass der im besten Sinne des Wortes leichtathletikverrückte Höhndorf erst kürzlich seinen 66. Geburtstag gefeiert hat, sieht man ihm nicht an. Nicht nur die Arbeit als Nachwuchstrainer hat ihn jung gehalten, sondern auch die regelmäßige eigene sportliche Betätigung. Tuchfühlung mit dem Sport hat der gebürtige Ascherslebener so wie viele andere Jungen aufgenommen. Als Jugendlicher versuchte er sich zunächst bei der Betriebssportgemeinschaft Rotation Aschersleben als Fußballer. Dann wechselte er zu den Boxern von Aktivist Aschersleben, bei denen er zehn Kämpfe bestritt. Neunmal verließ er den Ring als Sieger, einmal boxte er unentschieden. Schuld daran, dass es in Sachen Boxen kein Happy End gab, war die Tatsache, dass der Weltergewichtler Höhndorf in seinem letzten Kampf im Mittelgewicht antreten musste und einen echten Brocken vorgesetzt bekam. Allerdings taten sich beide Kontrahenten nicht sonderlich weh und wurden anschließend vom Publikum im Volkshaus ausgepfiffen. Als am nächsten Tag auch noch die Zeitung wenig Berauschendes darüber berichtete, war für Alfred Höhndorf die Boxerei Geschichte - zum Glück für die Leichtathletik, wie sich später herausstellen sollte.

Nach einer sportlichen Pause, in der sich beim damaligen Ex-Boxer Höhndorf das eine oder andere Pfund zu viel auf den Hüften angesammelt hatte, überzeugte ihn mit Werner Weschta ein ehemaliger Schulkamerad und engagierter Läufer, sich der Leichtathletik zuzuwenden. Mit Raimund Emmermacher, Werner Weschta, Volkmar Teuke oder Franz Reiss wurden erste Runden durch die Ascherslebener Promenade gedreht. Das Ergebnis war ein Sieg über sich selbst - Alfred Höhndorf nahm 20 Kilo ab und fand Gefallen an der Lauferei. Zwar wurde er nie ein Freund der Stadionwettkämpfe, dafür liebte und liebt er noch heute die Cross-, Wald- und Straßenläufe.

Als 1969 der damalige Chef des Kreisfachverbandes Leichtathletik, Heinz Schmidt, auf der Suche nach Übungsleitern war, traf er bei Alfred Höhndorf auf offene Ohren. Höhndorf ließ sich zum Trainer ausbilden und konnte bis vor einigen Tagen nicht mehr davon lassen. Einen endgültigen Abschied von der Leichtathletik gibt es für ihn allerdings nicht. So war Alfred Höhndorf erst am Freitag in Nachterstedt unterwegs, um unter den Teilnehmern des Seeland-Laufs Prospekte für den Ascherslebener Park- und Lichterlauf zu verteilen.

Der Schatten eines Läufers ist auf der Tartanbahn zu sehen. (Foto: dpa)
Der Schatten eines Läufers ist auf der Tartanbahn zu sehen. (Foto: dpa)
dpa